Essen-Heisingen. 30 Jahre haben Heisingerinnen zur Dorfgeschichte geforscht: Nun ist das Buch zu den Ur-Höfen erschienen - kurzfristig drohte es gar zu scheitern.
Als Ilse Cram 1931 in Burgschwalbach im Taunus geboren wurde, konnte niemand ahnen, dass die spätere Modedesignerin im Essener Süden Geschichte schreiben würde. Wenn auch als „Rucksack-Heisingerin“, wie man alle Einwohner des Stadtteils nennt, die nicht dort geboren wurden. Doch mit Margret Oldenburg, die vier Jahre nach ihr in Essen zur Welt gekommen ist, hat sie genau das getan. „Heisingen im Jahr 1803 – zur Zeit der Säkularisation“ heiß das 123 Seiten starke Gemeinschaftswerk der beiden Ortshistorikerinnen.
Eigentlich sollte das Buch, eine Überarbeitung der Veröffentlichung von 2003, schon längst in den Heisinger Regalen stehen. Aber es gab Probleme mit der Online-Druckerei. Ein Maschinenschaden hatte die geplante Auslieferung zum Adventsbasar platzen lassen. „Die Enttäuschung der Autorinnen war groß“, weiß Henner Höcker, kommissarischer Leiter der Bürgerschaft Heisingen. Er hat das Projekt mit begleitet und freut sich, das Ergebnis in den Händen zu halten. „Die Verfasserinnen haben dafür über 30 Jahre akribisch geforscht“, lobt er die Arbeit.
Sehenswerte historische Fotos
Sehenswert sind allein die vielen historischen Fotos in dem Geschichtsband mit dem grünen Einband. Eine Doppelseite zeigt den Blick vom St. Georgs-Kirchturm auf das Unterdorf im Jahr 1928. Deutlich mit Ziffern gekennzeichnet sind die Fachwerkhöfe: Stenneshof, Hickingshof, Wittenhof, Stemmerhof, Rohmannshof und weitere. Auch die evangelische Kirche ist abgebildet. „Mitten im Dorf, wie die katholische“, erläutert Ilse Cram.
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Die 23 Ur-Höfe waren von der Werdener Abtei gegründet worden. Schon im 14. Jahrhundert sind die Höfe geschichtlich belegt. 1803, als die Kirchengüter eingezogen wurden („Säkularisation“), bestanden sie noch immer. Die Namen leben bis heute in Heisinger Familien- oder Hausnamen weiter. Von den alten Gebäuden sind heute nur noch wenige erhalten, dazu hat der Stadtteil im Laufe der Jahrhunderte zu große Umwälzungen erfahren. „Allein die Bevölkerung wuchs von etwa 200 auf 12.000 Einwohner“, fügt Cram hinzu. Die letzten beiden Höfe hätten 1955 aufgegeben.
Detektiv-Arbeit im Düsseldorfer Hauptstaatsarchiv
„Die Ur-Höfe boten jeweils einer Familie ihr Auskommen. Die Gebäude waren je 30 Meter lang und 14 Meter breit, vorn wohnte die Familie, im hinteren Teil war das Vieh untergebracht“, erläutert Oldenburg. Trotz langer und mühsamer Detektiv-Arbeit im Düsseldorfer Hauptstaatsarchiv weist auch die überarbeitete Fassung des Buches noch Lücken auf. Hier hoffen die Autorinnen auf Antworten interessierter Leser.
Auf den Seiten 60 und 61 fehlen Fotos vom Kleinheidtskotten, der dicht beim Großheidtskotten gelegen haben soll und schon 1611 erwähnt wurde. Drei Kühe und ein Ferkel habe man dort gehalten. 1756 wurde die kleine Dependance eines Vollhofes laut dem Kirchenbuch der Gemeinde St. Lucius in Werden von Conradus Unterheidt bewohnt. Vielleicht tauchen ja noch Bilder von dem Gebäude auf, verborgen im einem Heisinger Keller oder auf irgendeinem Dachboden?
Heisinger Buch ist jetzt im Paulushof erhältlich
„Heisingen im Jahre 1803 – zur Zeit der Säkularisation“ (123Seiten) von Ilse Cram und Margret Oldenburg kostet 16,90 Euro. Rest-Exemplare der ersten Auflage sind im Bergbau- und Heimatmuseum im evangelischen Pflegeheim „Paulushof“ am Stemmering 18 erhältlich.
Bereits 2003 hatten die Autorinnen als Mitglieder des Heimat- und Bergbaumuseums ihr Werk erstellt. Bei „Eile mit Weile“, einem Wettbewerb zur Geschichte im Ruhrgebiet, ernteten sie dafür den zweiten Preis. Die nun erschienene Fassung ist eine Überarbeitung.
Wer alte Bilder aus dem Ort oder für die Dorfhistorie interessante Dokumente hat, kann sie dem Museum stiften. Kontakt per Mail: info@museum-heisingen.de.
Das gesuchte Haus soll jedenfalls an einem Karrenweg, der heutigen Carl-Funke-Straße gestanden haben. „Die spätere Westpreußenstraße lief am Siepen entlang auf das Haus zu“, heißt es im Buch.
Aktiv im Museumskreis des Bergbau- und Heimatmuseums
Margret Oldenburg lebte selbst viele Jahre mit ihrer Familie in einem alten Heisinger Kotten, den sie restaurieren ließ. „Nun bin ich dort ausgezogen“, sagt sie. Ihr Interesse an Heimatkunde aber ist ungebrochen: Bereits seit 1999 arbeitet sie aktiv im Museumskreis des Bergbau- und Heimatmuseums mit. An ihrer Seite steht Ilse Cram, die oft als „Granddame“ der Heimatforschung im Essener Süden bezeichnet wird.
Im Museum fühlen sich beide Damen zu Hause. Ihre Forschungsergebnisse sind gleich in der Nähe des Eingangs zu finden, eine Tafel mit Fotos und Texten zu den Heisinger Höfen. Wie viele andere ist der eher ländliche Stadtteil Heisingen vom Bergbau geprägt. So gibt es auch hierzu viele interessante Exponate. Auf ihr Museum sind die Heisinger stolz. Es wurde 1984 auf Initiative des damaligen Pfarrers Werner Hamacher im Keller des Seniorenheims eingerichtet. Bis heute stellt der Paulushof die Räumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung.