Essen. Während der Vorschlag, Flüchtlingskinder nach Deutschland zu holen, strittig diskutiert wird, organisieren Essener Hilfe für Camps auf Lesbos.
Es ist vor allem das Bild eines kleinen Mädchens, das Thomas Siepmann, Fred Bothen und Frank Toubartz so sehr bewegt. Das Kind – vermutlich etwa zehn Jahre alt – trägt ein pinkfarbenes Regencape, an den Füßen nur Sandalen, obwohl es inmitten von Schlamm und Matsch steht. Ein paar Zelte und Planen, die notdürftig als Behausung dienen, sind im Hintergrund zu sehen. Das Foto soll eine Botschaft transportieren: Ein Hilferuf aus dem Flüchtlingscamp in Moria auf Lesbos. In Essen ist diese Botschaft angekommen – und von hier aus geht eine eigene raus an die EU.
„Die Idee Spenden für die Kinder und Frauen in Moria zu sammeln, entstand über Weihnachten. Die Bilder der Kinder und Frauen, die in der Kälte im Matsch völlig desillusioniert vor ihren notdürftig aufgeschlagenen Zeltunterkünften kauerten, gingen uns einfach nicht mehr aus dem Kopf. Wir fassten den Entschluss zu handeln“, erklärt Thomas Siepmann. Siepmann gründete vor 30 Jahren seine Firma TAS, die als feste Größe unter den Marketing-Agenturen im Revier gilt. Seither ist er nach eigener Aussage auch karitativ engagiert.
Schutz vor Nässe und Kälte auf Lesbos
Auch interessant
„Es ist doch eigentlich relativ einfach“, so Siepmann. „Wir leben im digitalen 21. Jahrhundert, uns geht es gut und in der Zeit zwischen Weihnachten und dem 6. Januar haben wir Zeit. Freie Zeit, die wir nun sehr sinnvoll nutzen wollen. Wir stehen in Kontakt mit den NGOs vor Ort im völlig überfüllten Flüchtlingscamp in Moria auf Lesbos. Der Schutz vor Kälte und Nässe ist aktuell das Wichtigste für die Menschen im Lager“, berichtet der Werbefachmann. (Weitere Infos auf der Facebookseite (Ein Herz für Moria).
Deshalb haben er und seine Mitstreiter einen 3,5-Tonnen-Lkw organisiert und stehen mit diesem am 30. und 31. Dezember zwischen 12 und 18 Uhr am TAS-Lager in der Max-Keith-Str. 66, 45136 Essen, um Spenden entgegenzunehmen. Am Neujahrstag Januar startet das Trio dann um 4 Uhr Richtung Lesbos. Zwischen 30 und 40 Stunden dauert die Fahrt.
Debatte um Flüchtlingskinder in Deutschland
Auch interessant
Dass hierzulande für ein paar Tage eine kontroverse Debatte darüber entbrannte, ob unbegleitete Flüchtlingskinder nach Deutschland geholt werden sollten, lässt Siepmann indes fassungslos zurück. „Ich bin kein politischer Mensch, Parteipolitik interessiert mich nicht, aber eins ist doch völlig klar: Wir müssen die Kinder endlich nach Europa holen und sie aus der Trostlosigkeit befreien. Die EU muss endlich aufwachen. Unsere EU-Kommissionspräsidentin hat doch selbst sieben Kinder. Ich erwarte, dass sie handelt“, sagt Siepmann mit Verweis auf das neue Amt der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen.
Während sich der 53-Jährige von der Untätigkeit der Politik enttäuscht zeigt, ist er überwältigt von der Solidarität und Unterstützung im Netz. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Spendenaufruf fast 300 mal geteilt. Siepmann: „Das ist großartig. Ich bin zuversichtlich, dass unser Lkw gut gefüllt wird.“