Essen. Ihre (Groß-)Eltern waren als Kommunisten während der NS-Zeit verfolgt: Darüber haben nun 13 Söhne, Töchter und Enkel ein Buch geschrieben.

Sie nennen sich „Kinder des Widerstandes“, und das sei schon „etwas lustig“, sagt Walter Hilbig. Er ist jetzt 85 Jahre alt, also dem Kindesalter schon länger entwachsen. Doch er bleibt das Kind von Anna und Kurt Hilbig, zwei Kommunisten aus dem Essener Norden, die Ende 1933 eine kommunistische Reichstagsabgeordnete vor den Nazis versteckten und entdeckt wurden. So kam Walter Hilbig schon im Mutterleib in Haft. Während Mutter und Kind bald entlassen wurden, blieb der Vater eineinhalb Jahre im Gefängnis. In einer Broschüre ist die Geschichte der Familie Hilbig nun nachzulesen.

Weitere Widerstandskämpfer aus dem Ruhrgebiet werden dort noch einmal zum Leben erweckt, allesamt aus der sehr persönlichen Sicht von Kindern und Enkeln. Gleichsam als Zeitzeugen in zweiter Generation, die berichten können, was sie als Kinder miterlebten vom Verfolgungsschicksal der (Groß-)eltern – oder was ihnen später erzählt wurde.

„Unsere Eltern haben alles riskiert: Ihre Existenz, ihre Freiheit, sogar ihr Leben.“

Manchmal war ihnen das erst mit jahre- oder jahrzehntelanger Verspätung möglich, sagt Magret Rest, deren Vater schon mit 15 in Altenessen dem kommunistischen Jugendverband beitrat und 1933 – gerade 19 Jahre alt – in den Untergrund ging. „Unsere Eltern wussten, was es bedeutete, alles zu riskieren: ihre Existenz, ihre Freiheit, sogar ihr Leben. Sie sprachen von Terror und Folter, aber auch von einem großen Zusammenhalt unter den politischen Gefangenen.“

Diesen Zusammenhalt haben ihre Kinder nach Jahrzehnten erneuert, sich ausgetauscht und dann an Schulen vom Leiden und Kämpfen ihrer Eltern erzählt. Um diese Geschichten dem Vergessen zu entreißen, begannen sie Broschüren zusammenstellen, erst überregional dann mit lokalem oder regionalem Bezug.

Buch schildert vor allem den kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime

Im neuen Band „Kinder des Widerstandes aus dem Ruhrgebiet. Antifaschismus als Aufgabe“ haben 13 von ihnen ihre Familiengeschichten protokolliert. Das im Eigenverlag erschienene Buch kann über die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA-NRW) in Oberhausen gegen eine Spende bezogen werden: https://nrw.vvn-bda.de

„Tausende von Sozialdemokraten, Kommunisten, Gewerkschafter, Christen und viele andere mehr wurden damals verfolgt, verschleppt, in Konzentrationslager gebracht und dort vielfach ermordet“, schreibt Essens DGB-Chef Dieter Hillebrand im Vorwort. Gerade für die junge Generation sei es wichtig von diesen Widerständigen im Nationalsozialismus zu erfahren. Im Buch finden sich allerdings – mit Ausnahme eines verfolgten Sozialdemokraten – vor allem Kommunisten; was angesichts des Bezugs zum VVN-BdA wenig überraschend ist. Den Anspruch, die Breite des Arbeiterwiderstandes abzubilden, löst das Buch mit dieser eingeengten Perspektive allerdings nicht ein. Und dass es zur Zeit des Nationalsozialismus in der Sowjetunion auch eine Diktatur im Namen des Kommunismus gab, in der Terror und Verfolgung zum Alltag gehörten, wird von den Autoren nicht thematisiert.