Essen. Städte sollen bald bis zu 200 Euro pro Jahr fürs Anwohnerparken berechnen dürfen - derzeit sind es 30. In Essen haben 4000 Bürger einen Ausweis.

Die Stadt Essen hat derzeit nach eigenen Angaben noch keine Pläne für eine drastische Verteuerung der Anwohnerparkausweise, wie sie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zusammen mit Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden prüfen will. Der Deutsche Städtetag hält einen künftigen Rahmen für Bewohnerparkausweise von bis zu 200 Euro pro Jahr für wünschenswert - derzeit liegt die Marge zwischen rund zehn Euro und 30 Euro, wobei die Stadt Essen bereits jetzt den Rahmen voll ausschöpft. „Die Stadtverwaltung hat derzeit keine Planungen dazu, am Ende wird das eine politische Entscheidung sein“, sagt Stadtsprecherin Silke Lenz.

Mehreinnahmen aus dem Anwohnerparken sollen der Finanzierung der Verkehrswende dienen

Hintergrund der Gebührendiskussion: Die Einnahmen aus dem Anwohnerparken sollen einerseits einen direkten Beitrag leisten, um die Verkehrswende hin zu umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln zu finanzieren, andererseits geht es auch darum, mehr Parkraum zu bewirtschaften und das Abstellen von Autos zu verteuern oder überhaupt erstmals unter Kostenpflicht zu stellen - etwa in reinen Wohngebieten, wo Parken zumeist noch kostenfrei für jedermann ist.

In Essen gibt es Anwohnerparken zumeist da, wo aufgrund des Aufeinandertreffens von Berufspendlern und Stadtbewohnern Parkkonkurrenz und hoher Parkdruck herrscht. Es ging weniger darum, ein Zeichen für den umweltfreundlichen Verkehr zu setzen als vielmehr eine Gruppe zu bevorzugen - nämlich die Anwohner. Nicht jeder fand, dass dies gelang, immer wieder beklagten Anwohner, dass die für sie reservierten Stellplätze regelwidrig von anderen benutzt wurden, ohne dass die Stadt dies ausreichend kontrollieren würde.

4038 Parkausweise auf 3763 Stellplätzen - Stadt spricht von einer hohen Auslastung

Genau 4038 Bewohnerparkausweise hat die Stadt Essen zuletzt ausgegeben, 3763 Stellplätze standen mehr oder weniger exklusiv für Anwohner zur Verfügung. „Es kann also von einer hohen Auslastung gesprochen werden“, sagt Stadtsprecherin Lenz. Neun Zonen gibt es, die jeweils berechtigten Anwohner haben dort die freie Wahl, sofern sie einen freien Platz finden: Zentrum-Nord, Zentrum-Süd, Museum-Nord, Museum-Ost, Museum-West, Museum-Süd, Sternviertel, Ostviertel, Ostviertel II.

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Mit einem garantierten kostenfreien Stellplatz direkt vor der Haustür ist das Anwohnerparken allerdings nicht verbunden, auch gibt es an vielen Abschnitten Zeiten, wo jeder parken darf - gegen Gebühr oder mit Parkscheibe.

Über ein neues, großes Anwohnerparkgebiet in Rüttenscheid wurde immer wieder diskutiert und auf Wunsch der Stadtteilpolitiker von SPD und Grünen hat die Verwaltung die Pläne weit vorangetrieben, doch am Ende wurde der Plan verworfen: aus Kostengründen, wie es damals hieß. Es ist aber kein Geheimnis, dass es auch fachliche Bedenken gab.

IG Rüttenscheid hat sich stets gegen Anwohnerparken gewehrt, weil dies keine Probleme löse

Auch Rolf Krane, streitbarer Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), sieht im Anwohnerparken kein geeignetes Mittel, um die Parknot einer Stadt oder eines Stadtteils zu lindern. Die beste Ausnutzung des knappen Raums ergebe sich immer noch durch die Mehrfachnutzung: „Ein Teil der Anwohner verlässt morgens die Stellplätze, um zur Arbeit zu fahren, Pendler und Geschäftskunden übernehmen - und abends ist es wieder umgekehrt.“ Es sei Verschwendung, Anwohnerparkplätze tagsüber ungenutzt zu lassen.

Billiges Anwohnerparken

Deutschland rangiert bei den Kosten für Bewohner-Parkausweise im internationalen Vergleich weit hinten. Während in Essen 30 Euro pro Jahr zu bezahlen - die Obergrenze dessen, was möglich ist - sind in anderen Städten die Preise teils drastisch höher.

In Kopenhagen zum Beispiel kostet ein Anwohnerparkausweis 158 Euro pro Jahr, in Amsterdam sind es über 500 Euro und in Stockholm sogar fast 900 Euro.

Das ist nicht falsch, aber vermutlich etwas idealtypisch argumentiert. Beiseite bleibt bei dieser Überlegung, dass es gerade in großen Teilen Rüttenscheids eine sehr direkte und zunehmende Konkurrenz zwischen abendlichen Gastronomiekunden und Anwohnern gibt, die beide abends, zur ungefähr gleichen Zeit, einen Stellplatz suchen. Krane zufolge existieren die größten Engpässe beim Abstellen der Autos aber da, wo es tatsächlich nur Wohnungen und kaum Geschäfte und Kneipen gibt. „Die Leute“, sagt er, „haben eben einfach zuviele Autos“. Und auch dies soll wohl mit der Ausweitung und Verteuerung des Anwohnerparkens erreicht: dass sich mancher entschließt sein Auto abzuschaffen.

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