Essen. Die Stadt Essen will die Taxi-Tarife um bis zu zehn Prozent anheben. Essens größte Taxi-Zentrale ist davon gar nicht begeistert.

Taxifahren in Essen dürfte bald teurer werden. Denn erstmals seit fünf Jahren will die Stadt den Beförderungstarif erhöhen. Der Grundpreis soll um fünf Prozent auf 4,20 Euro steigen. Der Preis pro Kilometer würde sich für Fahrten am Tag sogar um zehn Prozent verteuern auf 2,20 Euro. Für Fahrten in der Nacht wären 2,30 Euro pro Kilometer fällig, was einer Preissteigerung von 9,5 Prozent entspricht.

Am 27. November entscheidet der Rat der Stadt über die Preisanpassung. Im Verkehrsausschuss meldeten SPD und CDU am Donnerstag noch Beratungsbedarf an.

Bemerkenswert: Die Taxigenossenschaft Essen, Platzhirsch am hiesigen Markt, lehnt die Tariferhöhung ab. „Unser Geschäft läuft sehr zufriedenstellend. Die Zahl der Fahrten steigt“, sagt der Vorstandsvorsitzende Michael Rosmanek. Er befürchtet, dass die Taxiunternehmen höhere Preis mit dem Verlust an Fahrgästen bezahlen.

Innerhalb von zwei Jahren sind die Personalkosten um 18 Prozent gestiegen

Die von der Stadt Essen bestellten Gutachter der Firma Linne + Krause zeichnen ein völlig anderes Bild vom Essener Taximarkt. Wörtlich heißt es, das Taxigewerbe arbeitet „auf einem Gewinnniveau, das es schwer macht, ein akzeptables Einkommen zu erzielen“. Vor allem die Personalkosten schlagen ins Kontor, seien diese doch seit der Einführung des Mindestlohnes doch ständig gestiegen. Von 2015 bis 2017 lag das Plus bei 18 Prozent. Hinzu kommen höhere Kosten für Versicherungen, Beiträge zur Berufsgenossenschaft und ähnlichem – seit 2015 haben sich diese um etwa zehn Prozent erhöht.

Das hat Folgen. Fast jeder zweite Essener Taxibetrieb (49 Prozent) arbeitet mittlerweile unwirtschaftlich. Bei der letzten Erhebung im Jahr 2012 lag dieser Anteil noch bei 29 Prozent. Linne + Krause sprechen in ihrem Gutachten von einer Schattenwirtschaft. Die wachsende Grauzone weise auf „einen ruinösen Wettbewerb“ hin.

So erkennen die Gutachter anhand der ermittelten Zahlen eine „Bedrohung des Taximarktes“ und empfehlen der Stadt, die Taxitarife anzuheben. Eben das hatte der Interessenverband der Mietwagen und Taxiunternehmen Essen (IVMT) bereits im Mai 2017 beantragt. Seit August diesen Jahres liegt dazu das Gutachten dazu vor. „Eine Erhöhung von zehn Prozent ist zufriedenstellend, damit können wir leben“, sagt Volker Lohmeier, Vorsitzender des Interessenverbandes, zu dem 120 Taxen und 60 Mietwagen gehören. Ginge es nach dem IVMT dürfte die Kurzstrecke sogar noch teurer werden.

Laut Gutachten hat bereits eine Verschiebung vom Taxi zum Mietwagen stattgefunden

Warum aber lehnt Taxi Essen, die größte Taxizentrale der Stadt, höhere Preise ab? Hintergrund ist der immer schärfer werdende Wettbewerb zwischen Taxi-Unternehmen und Anbietern von Mietwagenfahrten. Diese sind, anders als Taxi-Unternehmen, nicht an die von der Stadt festgelegten Tarife gebunden, sondern können Fahrpreise frei verhandeln. Dafür unterliegen sie anderen Restriktionen, müssen zum Beispiel nach jeder Fahrt zum Betrieb zurückkehren. Aber kontrolliert das jemand?

„Unterm Strich hat in Essen eine Verschiebung vom Taxi auf den Mietwagen stattgefunden“, stellen auch die Gutachter Linne + Krause fest. 181 Mietwagen stehen rund 500 Taxi-Konzessionen gegenüber, von denen etwa 30 ruhen, also von den Konzessionsnehmern nicht genutzt werden. Wenn die Taxitarife nun steigen, gehe die Preisschere weiter auseinander – zu Lasten des Taxi-Gewerbes, fürchtet Michael Rosmanek von der Taxi-Genossenschaft Essen. Taxi-Unternehmer würden am Ende aus dem Markt gedrängt.

Diese Tarife empfiehlt der Gutachter

Die von der Stadt bestellten Gutachter empfehlen die Taxi-Tarife wie folgt anzuheben: Grundpreis Tag: 4,20 Euro (+5 %); Grundpreis Nacht 4,20 Euro (+5 %); Kilometer-Entgelt Tag 2,20 Euro (+10 %); Kilometerentgelt Nacht 2,30 Euro (+9,5 %). Zuschläge: Großraumtaxi 5,50 Euro (+ 10 %); Wartezeit bis drei je Stunde Minuten 23 Euro (+15 %); Wartezeit ab drei Minuten je Stunde 33 Euro (+10 %).

Ganztägig würde sich die Kurzstrecke bis drei Kilometer um rund acht Prozent verteuern. Die mittellange Strecke (5 Kilometer) mit einer Wartezeit von fünf Minuten schlägt mit einem Plus von rund neun Prozent zu Buche.

„Uber treibt alle vor sich her“, warnt Michael Rosmanek. Der Online-Vermittlungsdienst, der Fahrgäste an Mietwagen mit Fahrer vermittelt, ist so etwas wie das Schreckgespenst der Taxi-Branche. In Essen ist Uber nicht am Markt, andere dagegen schon. Volker Lohmeier teilt diese Bedenken nicht. Taxi-Unternehmen müssten sich der Konkurrenz eben stellen. Wichtig sei ein Wettbewerb unter fairen Bedingungen. Mietwagen-Fahrten müssten von der Stadt kontrolliert werden. Auch Lohmeier sieht hier dringenden Nachholbedarf.

„Eine massive Zunahme der Mietwagen wie in Berlin oder Düsseldorf, wo Anbieter Uber auftritt, hat in Essen (noch) nicht stattgefunden“, heißt es in dem von der Stadt bestellten Gutachten von Linne + Krause. Für Michael Rosmanek liegt die Betonung auf „noch“. In Düsseldorf herrsche längst „ein Hauen und Stechen.“ Für den Taxi-Genossenschaftler ist es nur eine Frage der Zeit, bis es auch in Essen soweit ist.