Essen-Kettwig. Trotz Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs war ein Geistlicher über Jahrzehnte als Seelsorger tätig. In den 70er Jahren auch in Kettwig.
Trotz Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs war ein Priester des Erzbistums Köln noch jahrelang weiter im Einsatz. Diese am 12. November bekannt gewordene Nachricht schockiert die Öffentlichkeit – und tangiert die katholische Gemeinde St. Peter und Laurentius in Kettwig in besonderer Weise. Denn der in Verdacht stehende Priester war von 1970 bis 1972 als Pfarrer in St. Peter tätig.
In den kommenden Gottesdiensten der Kettwiger Gemeinde werde über die aktuellen Nachforschungen im Erzbistum Köln und den Bistümern Münster und Essen informiert, erklärt Sven Goldhammer, Pfarrer von St. Peter und Laurentius, auf Nachfrage unserer Redaktion. „Was da passiert ist, ist katastrophal“, sagt Goldhammer.
Wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“ verurteilt
Was ist bislang bekannt? Ein Priester des Erzbistums Köln, der bereits 1972 wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“ zu einer Haftstrafe verurteilt und 1988 wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, wirkte dennoch über Jahrzehnte weiter als Priester in mehreren Bistümern. Das ergaben Nachforschungen im Erzbistum Köln und den Bistümern Münster und Essen. Der heute 85-jährige Priester ist seit 2002 im Ruhestand und inzwischen nicht mehr in der Seelsorge tätig.
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Die Kanzlei soll prüfen, wer worüber informiert war
Peter Frings, der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, war im Mai 2019 durch ein Schreiben auf den Fall aufmerksam gemacht worden. Das Erzbistum Köln hatte daraufhin der Rechtsanwaltskanzlei in München, die seit Anfang 2019 alle Fälle von sexuellen Missbrauch des Erzbistums untersucht, auch das Aktenmaterial der anderen Bistümer für diesen Fall zur Verfügung gestellt. Die Kanzlei soll prüfen, wer von den Verantwortlichen der betroffenen Bistümer worüber informiert war und wer welche Entscheidungen getroffen hat. Die genauen Ergebnisse der Untersuchung sollen im Frühjahr 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Der Interventionsbeauftragte des Erzbistums Köln, Oliver Vogt, zeigte sich erschüttert darüber, dass ein Priester, der zweimal rechtskräftig verurteilt wurde, dennoch weiter in der Seelsorge bleiben konnte. „Dieser Fall wirft in besonders bedrückender Weise Fragen auf, die gründlich aufgearbeitet werden müssen.“ Die Aufarbeitung habe man bewusst in unabhängige Hände gegeben: „Die Verantwortlichen werden nach Abschluss der Untersuchungen namentlich genannt. Sie haben große Schuld auf sich geladen und den Täterschutz und das Ansehen der Institution über den Schutz der Betroffenen gestellt.“
Akten sind teilweise sehr lückenhaft
Die Akten aus den drei Bistümern, so Vogt weiter, seien teilweise sehr lückenhaft. „Da wir nicht ausschließen können, dass es weitere Betroffene gibt, bitten wir darum, dass diese sich bei einer der beauftragten, externen Ansprechpersonen in den Diözesen melden.“
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Ein Vorgehen, das der Kettwiger Pfarrer Sven Goldhammer für sehr angeraten hält. „Ich könnte mir vorstellen, dass das Vertrauen gerade zu dem Geistlichen vor Ort nicht so gegeben ist, selbst wenn der besagte Priester hier in Kettwig vor mehr als 40 Jahren tätig war.“
Er selbst habe bei seiner Einstellung als Pfarrer im Jahr 2010 erfahren, „dass es da in den 70er Jahren einen Missbrauchsvorfall bei einem Amtsvorgänger gegeben hat und es eine Verurteilung gab. Es wurde mir gesagt, dass der Mann nicht mehr seelsorgerisch tätig ist. Mehr nicht.“
Unabhängige Ansprechpartner in den Bistümern
Der Priester war im Einsatz: 12.2.1960-1.1.1964 Kaplan in Hl. Kreuz, Köln Weidenpesch; 2.1.1964-12.2.1970 Kaplan in St. Josef, Köln Porz; 13.2.1970-1.3.1972 Pfarrer in St. Peter, Essen-Kettwig.
1972 erfolgte die Verurteilung des Priesters wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“.
Weiter im Einsatz war er 1973 als Aushilfe in Bocholt-Lowick, St. Bernhard; 1974-78 Schulabt. Generalvikariat Münster mit Aushilfe in Westerkappeln ab 1975, St. Margareta; 1978-85 Pfarrverwalter in Petrus-Canisius Recklinghausen; 1986-88 Aushilfsseelsorger St. Bonifatius Moers-Asberg.
1988 erfolgte eine Verurteilung „wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen“. Danach war der Priester 1.9.1989-31.3.2002 Altenheimseelsorger CBWK Clarenbachwerk Köln gGmbH; Juni 2002-Juli 2015 Ruhestandsgeistlicher in St. Josef, Bochum-Wattenscheid.
Betroffene können sich im Erzbistum Köln an Emil Naumann, 01520 1642 394, und Hildegard Arz, 015201642 234 wenden. Ansprechpartner im Bistum Essen sind Angelika von Schenk-Wilms, 0151 571 500 84, und Karl Sarholz, 0171 3 16 59 28.