Essen. Ein 31-jähriger syrischer Kurde aus Essens Norden hat sich am Mittwoch vor der Genfer UNHCR-Zentrale angezündet. Er überlebte schwerstverletzt.
In die hilflose Wut tausender Essener Kurden mischt sich jetzt blankes Entsetzen über eine mutmaßlich politisch gemeinte Verzweiflungstat eines der Ihren: Ali W., ein seit vier Jahren in Essen lebender Kurde aus Hesekê im Nordosten Syriens hat sich am Mittwochmorgen vor der Genfer Zentrale der Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen (UNHCR) mit Benzin übergossen und angezündet. Nach Angaben der örtlichen Polizei überlebte er schwerstverletzt.
Der junge Mann, dem Vernehmen nach 31 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder, war dem Vernehmen nach von Essen nach Genf gereist, um seinen dort lebenden Bruder zu besuchen. Angesichts zahlreicher Opfer, die durch die türkische Invasion in seiner eigenen Familie zu beklagen waren, habe er sich noch am Vorabend der Tat darüber empört, dass die UN zu diesem Verbrechen schweige – so zitiert das kurdische Nachrichten-Portal ANF.news seinen Bruder Lezgin W.: Dieser habe aber nicht geahnt, dass sein Bruder eine solche Aktion plante.
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„Wir hoffen alle, dass es nicht zu Wiederholungen kommt“
Andrej Mahecic, Sprecher des UN-Kommissariats für Flüchtlinge, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Ali W. habe sich am Mittwoch kurz nach Dienstbeginn in dem Genfer Gebäude selbst in Flammen gesetzt und dann versucht, in die UNHCR-Zentrale zu gelangen. Sicherheitskräfte hätten die Flammen erstickt, anschließend wurde der junge Mann per Helikopter ins Universitätsspital Lausanne geflogen und wird dort nun auf einer für Verbrennungsopfer spezialisierten Abteilung behandelt. Sein Gesundheitszustand sei kritisch, heißt es, 80 Prozent der Körperoberfläche wiesen Verbrennungen auf.
Unter den Essener Kunden sprach sich die Verzweiflungstat schnell herum: „Schrecklich, wir sind alle entsetzt“, sagte Yilmaz Gültekin, Ratsherr der Linken und Sprecher des hiesigen Kurdischen Vereins, am Donnerstag. Ali W. sei „eigentlich ein ganz ruhiger Typ“ gewesen, gelegentlich Gast bei Veranstaltungen und beileibe kein Scharfmacher, gleichwohl aber „stark emotionalisiert“. Seine Frau sei bereits in die Schweiz gereist, in Gedanken sei man bei ihm. „Und wir hoffen alle“, so Gültekin, „dass es nicht zu Wiederholungen kommt“.
Erst im Februar diesen Jahres hatte sich ein 43-jähriger Kurde aus Neuss vor dem Landgericht Krefeld selbst angezündet. Er erlag einen Monat später seinen Verletzungen.