Essen-Frohnhausen/Borbeck. Zurückgehende Kirchgängerzahlen, Investitionsstau und Schulden: zwei weitere evangelische Gemeinden in Essen stehen vor tiefen Einschnitten.
Ob Frohnhausen tatsächlich der Kahlschlag droht, weil die evangelische Kirchengemeinde gleich vier Immobilien aufgeben möchte, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Auf jeden Fall hat der Beschluss des Presbyteriums, die Apostelkirche, die Markuskirche mit Gemeindehaus sowie das Aposteljugendhaus aufzugeben, für riesigen Ärger im Stadtteil bis hin zur Gewaltandrohung gegen die Vorsitzende des Presbyteriums gesorgt. Auch in Borbeck müssen sich die evangelischen Christen auf große Veränderungen einstellen. Hier steht die Dreifaltigkeitskirche zur Disposition. In den nächsten Wochen finden wichtige Gemeindeversammlungen statt.
In Essen-Frohnhausen könne es kein „Weiter so“ geben
Die evangelische Gemeinde Frohnhausen schrumpft, von derzeit 6500 auf 4500 Glieder im Jahr 2035. Dafür wächst der Schuldenberg und – gravierend – es gibt einen Investitionsstau in Höhe von 8,1 Millionen Euro. Deshalb könne es kein „Weiter so“ mehr geben könne, sagt Monika Fränkel, die Vorsitzende des Presbyteriums. Die 60-jährige Rechtsanwältin ist wohl schon seit 2001 Mitglied des Gremiums, doch als sie vor vier Jahren den Vorsitz übernahm, sei ihr die Dramatik so nicht bekannt gewesen: „Diesen Kostenrahmen habe ich mir nicht vorgestellt.“
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Doch jetzt seien Veränderungen zwingend notwendig, schreibt sie in einem Aushang an die Gemeinde. Sie böten „auch die Chance zu gestalten und die Gemeinde zukunftsfähig aufzustellen.“ Dass das gelingen könnte mit der Aufgabe der vier Immobilien sowie mit einer Notkirche, die „perspektivisch die zentrale Predigtstätte der Gemeinde“ werden soll, glauben eine Reihe von Gemeindegliedern nicht. In einem von über 100 Frohnhausern unterschriebenen Protestbrief an die Superintendentin wird die Klärung der Beschlüsse verlangt, heißt es.
Strittig, was unter „Aufgabe“ zu verstehen ist
Aufgebracht hat sie der Begriff „Aufgabe“ der Gebäude, weil sie darunter „Abriss“ verstehen. Doch das sei nicht zwangsläufig so, sagt die Juristin: „Es heißt ,Aufgabe’, aber das kann alles mögliche bedeuten. Es gibt noch keine konkreten Beschlüsse.“ Allerdings wüsste das Presbyterium, in dem auch die Kritiker dieses Vorgehens den Beschluss mitgetragen haben, keine andere Lösung. Monika Fränkel: „Wenn einer eine Million Euro mitbringt oder ein anderer eine super Idee hat, dann können wir reden. Doch wenn wir Unfug beschließen würden oder es Alternativen gäbe, dann hätte der Kirchenkreis gesagt: ,So nicht!’“ Doch das habe er nach einem „intensiven Prozess“ eben nicht gemacht.
Zwei spannende Gemeindeversammlungen
Die Apostelgemeinde ist am Sonntag, 6. Oktober, 13 Uhr, zur Versammlung in die Markuskirche am Postreitweg eingeladen, um näheres über die Beschlüsse des Presbyteriums zu erfahren.
Die Gemeindeversammlung der Gemeinde Borbeck-Vogelheim beginnt am Sonntag, 17. November, 11 Uhr, in der Dreifaltigkeitskirche an der Stolbergstraße. Hier stellen sich auch die Kandidaten für die Wahl des Presbyteriums vor.
Dafür wurde schon anderes gesagt. „Man lässt mir Warnungen zukommen, ich solle vorsichtig sein beim Spaziergang durch die Gemeinde, dass ich nicht ein Messer in den Rücken bekomme.“
In Borbeck ist die Stimmung weniger aufgeheizt
Weniger aufgebracht ist die Stimmung in der Gemeinde Borbeck-Vogelheim. Hier erreichen bald drei Pfarrer nahezu gleichzeitig das Rentenalter. Und die Entwicklung der Gliederzahlen, derzeit 9000, löst auch keinen Optimismus aus. Die Gemeinde wisse schon lange um die Situation, weiß Pfarrer Christoph Ecker. Deshalb müsse gehandelt werden: „Irgendwann gibt es kein Vertun mehr.“ Wie hoch der Investitionsstau ist, sei noch nicht bekannt, doch es sei klar: „Vier Gemeindezentren zu erhalten, ist gewaltig.“ Die Dreifaltigkeitskirche aber bleibe: „Schließung oder andere Nutzung stehen nicht zur Debatte.“
In Borbeck solle erst die Gemeinde angehört werden und dann das am 1. März 2020 neu gewählte Presbyterium entscheiden. Christoph Ecker: „Wir versuchen, transparent zu arbeiten.“
Das hätten sich viele Gemeindeglieder in Frohnhausen vielleicht auch gewünscht.
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