Essen. Ein Ruhrbahn-Busfahrer rief jetzt die Polizei, um ein betagtes Ehepaar aus dem Bus zu entfernen. Dabei hatten die zwei auf seine Hilfe gehofft.
Erich Hey (93) und seine Frau Gerda (92) sind gern mit dem Bus in Essen unterwegs, obwohl er einen Rollator benötigt und sie blind ist. Doch meist findet sich ja jemand, der ihnen beim Ein- und Aussteigen hilft. Nicht so an jenem Tag Ende August, als sie kurz nach 19 Uhr an der Endhaltestelle der Linie 180 in Burgaltendorf in den dort wartenden Bus Richtung Werden steigen wollen.
Der Abstand zwischen Bus und Bordstein ist groß, also bittet Erich Hey den Busfahrer, ob er ihm wohl helfen könne. Doch der Mann habe sich nicht gerührt und auf eine zweite Bitte des Seniors ungehalten reagiert, schildert der Sohn des Ehepaares, Wolfgang Hey. „Also blieb es bei meiner 92-jährigen Mutter, den Rollator in den Bus zu heben.“
93-Jähriger soll sich auf einen wackligen Klappsitz setzen
Als das geschafft war, habe Erich Hey den Rollator wie üblich in dem Bereich abgestellt, wo Kinderwagen und Rollstühle platziert werden. Mit einem Fahrradgepäckseil habe er das Gefährt an einem Haltegriff befestigt. Der alte Herr habe sich dann „in Griffweite zum Rollator“ in eine Bankreihe gesetzt. Nun aber sei der Busfahrer aufgestanden und habe Erich Hey aufgefordert, sich auf die Klappsitze direkt neben dem Rollator zu setzen.
„Mein Vater lehnte dies ab, weil er sich an einem Klappsitz nicht festhalten kann und bei anderer Gelegenheit hier bereits gestürzt war.“ Das habe er dem Busfahrer auch erklärt, doch der habe ungerührt darauf bestanden, dass der 93-Jährige sich entweder auf den Klappsitz setze – oder aussteige.
Busfahrer ruft die Polizei, um die Senioren aus dem Bus zu entfernen
Als sich Erich Hey nicht rührte, weil er überrumpelt und geschockt war und auf keinen Fall auf den unsicheren Klappsitz wollte, rief der Fahrer erst die Zentrale und dann die Polizei an. Auch den Beamten sei es nicht gelungen, den Busfahrer zum Einlenken zu bewegen, berichtet Wolfgang Hey. Weil aber der Fahrer Hausrecht habe, rieten sie dem alten Mann, „zur Vermeidung weiteren Ärgers den nächsten Bus zu nehmen“. Seine Eltern hätten diesen Rat lieber beherzigt und seien mit großer Verspätung im heimischen Werden eingetroffen.
Als sie ihrem Sohn von dem Vorfall berichteten, war der empört: „Auch ich fahre gelegentlich Bus und würde mir ein solches Engagement eines Busfahrers wünschen, wenn Jugendliche die Füße auf die Sitze stellen, Essen mit in den Bus nehmen, herumlärmen oder sich weigern, älteren Fahrgästen einen Platz anzubieten.“ Stattdessen übe ein Fahrer seine Hausmacht gegenüber zwei schwerbehinderten Senioren aus, obwohl weder von den beiden noch von dem befestigten Rollator „irgendeine Gefahr ausging“.
Ruhrbahn hält Fahrer an, „höflich, rücksichtsvoll und besonnen“ aufzutreten
In einem zweiseitigen Brief hat Wolfgang Hey der Ruhrbahn den Vorfall geschildert – und am vergangen Freitag (20. September) eine Antwort erhalten. Darin heißt es, dass alle Fahrer der Ruhrbahn angehalten seien, den Fahrgästen gegenüber „höflich, rücksichtsvoll und besonnen“ aufzutreten. Es könne allerdings vorkommen, dass einzelne der mehreren Hundert Busfahrer sich einmal nicht an dieses Gebot hielten.
Zum konkreten Fall sagt die Ruhrbahn nur, dass sie den Betriebshofsleiter um eine Stellungnahme gebeten habe, diese liege nun vor und weiche „in einigen Details“ von Wolfgang Heys Schilderungen ab. Aus Datenschutzgründen könne man diese Details nicht näher benennen, erklärt eine Ruhrbahnsprecherin auf Anfrage. Im Kern bestreitet die Ruhrbahn den Vorfall aber nicht. „Der Vorgesetzte hat ein Personalgespräch mit dem Fahrer geführt, wird das Verhalten des Fahrers nun weiter beobachten und ggf. entsprechende Disziplinarmaßnahmen ergreifen“, erklärt die Sprecherin.
Busfahren mit Risiko und Rippenbruch
Wolfgang Hey sagt, der Rauswurf aus dem Bus in diesem August sei schon der dritte Vorfall, den seine Eltern (92, 93) mit der Ruhrbahn erlebt hätten.
Einmal sei der Fahrer sofort losgefahren, als seine Mutter gerade den Rollator in den Bus bugsiert hatte. Sein Vater, der auf den Rollator angewiesen ist, blieb hilflos an der Haltestelle zurück. Ein anderes Mal sei der Vater gestürzt, als der Bus anfuhr, und habe sich eine Rippe gebrochen.
Eine Entschuldigung findet sich nicht im Schreiben an Wolfgang Hey, aber der hofft nun darauf, dass seine Eltern ab jetzt nur noch höflichen, rücksichtsvollen und besonnenen Fahrern begegnen.