Essen. Beim einzigen Deutschlandkonzert in der Lichtburg präsentiert sich Rosanne Cash als Könnerin der eher leisen Töne. Und erzählt Familiengeschichte
„You`re a small, but an enthusiastic crowd“, stellt Rosanne Cash bei ihrem einzigen Deutschlandkonzert in der nur zur Hälfte gefüllten Lichtburg, wo die begeisterte Fangemeinde im Parkett zusammengerückt ist, fest. In den USA ist die Countrysängerin, älteste von vier Töchtern aus der Ehe von Johnny Cash mit Vivian Liberto, zweifellos eine größere Publikumsresonanz gewohnt.
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Ihr 2003 gestorbener Vater war und ist noch immer eine unumstrittene Ikone der amerikanischen Country-Szene, und wer als Sprössling im gleichen Metier aus diesem Über-Schatten treten will, muss sehr genau wissen, wie es um das eigene Talent bestellt ist. Rosanne brauchte ihren Vater nicht, damit er ihr die Karriere-Steigbügel hielt. Sie schaffte es allein, hatte in den 80er Jahren elf Singles jeweils auf Platz 1 der Country-Charts und für ihr 2014 erschienenes Album „The River and the Thread“ gab es drei Grammys.
Kein Cowboy-Singsang mit Fiddle und Banjo
Begleitet von ihrem Mann John Leventhal (Gitarre, Piano), mit dem sie seit 24 Jahren verheiratet ist und der ebenfalls eine Größe der amerikanischen Szene darstellt, singt sie Countrysongs - allerdings fernab vom nölenden Cowboy-Singsang mit Fiddle und Banjo. Sie habe als Frau in ihrem Alter, wobei kaum jemand ihr die 64 Jahre abnehmen will, noch viel zu sagen, erklärt sie, und bevorzugt dazu eher leise Folk-Töne und setzt auf Geschichten, deren Authentizität wie in „The Sunken Lands“ oder „Crossing to Jerusalem“ die Zuhörer in ihren Bann ziehen.
Natürlich geht es auch um zwischenmenschliche Beziehungen und deren Rätsel wie in „The Undiscovered Country“ sowie weibliche Schwärmerei wie in „Modern Blue“, das sie zum Konzertauftakt singt. Aber Rosanne Cash spielt weder die Rolle des attraktiven, aber dummen Landeis, noch die des burschikosen Cowgirls zum Pferde stehlen. Sie reflektiert Familiengeschichte, um eine moderne Welt zu kommentieren, und verliert nie dabei den aufgeklärten Blickwinkel als Frau und Mutter.
Mit den lapidaren Worten „That´s your education“ erhielt sie einst von Vater Johnny eine Liste mit den 100 definitiven Countrysongs, und ein paar, darunter Hank Snows „I`m Movin` On“, präsentiert sie in ihrer ganz eigenen Art. Sie ist keine Traditionalistin, vielmehr bedient sie sich überwiegend an Pop, Rock, Blues und Folk und rückt somit eher in die Kategorie Folk-orientierter Singer/Songwriter.
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Einen wesentlichen Beitrag zu ihrem musikalischen Profil liefert der exzellente John Leventhal, dessen versiertes Gitarrenspiel zwischen ideenreicher Akkordbegleitung und technisch anspruchsvollen, prägnanten Soli stets die richtigen Akzente setzt. Nach Jubel und Standing Ovations gibt es unter den Zugaben auch Johnny Cashs „Tennessee Flat Top Box“, ein Country-Klassiker zum Mitklatschen, der einerseits eine Hommage an den Vater ist, andererseits aber auch die musikalischen Unterschiede zwischen Vater und Tochter deutlich macht.