Essen. Die Essener SPD hat nun auch offiziell Awo-Geschäftsführer Oliver Kern zum OB-Kandidaten gekürt. Der verspricht „ein Jahrzehnt der Erneuerung“.
Ob dieser OB-Wahlkampf tatsächlich ein „Thriller“ wird, so wie es das Schlusslied dieses Nominierungs-Nachmittags nahelegte – mal abwarten. Essens 3600 Mitglieder starke SPD gibt sich jedenfalls kampfeslustig wie nie und wählte am Samstag in selten gekannter Einigkeit den örtlichen Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Oliver Kern zu ihrem Kandidaten für den Oberbürgermeister-Posten. Und damit zum Herausforderer von Amtsinhaber Thomas Kufen.
Der wird von Minute eins an nicht geschont. Ein Jahr vor dem Urnengang im Herbst 2020 ist der Wahlkampf eröffnet, und die erste Attacke reitet SPD-Chef Thomas Kutschaty: „Essen wird unter Wert verwaltet“, betonte der ehemalige NRW-Justizminister, der als Spitzenkandidat der Genossen für die NRW-Wahl gehandelt wird, und scheute sich nicht, auch für diese Stadt ehrgeizige Ziele zu formulieren: Stärkste Fraktion im Rat wolle man wieder werden, in den Bezirken die Position behaupten und – natürlich – „den Oberbürgermeister dieser Stadt stellen“.
Parteichef Kutschaty: „Ich bin überzeugt: Es gibt keinen Besseren“
Das scheint kein leichtes Unterfangen für eine Partei, die sehr zum eigenen Entsetzen nur noch als drittstärkste Kraft aus der jüngsten Europawahl hervorging. Und die sich bundesweit – wie formulierte es Kutschaty? – „in einer Phase des gesamtparteilichen Aufbruchs“ befindet.
Fast trotzig kam da der Hinweis des Parteivorsitzenden über, man „meine es ernst“ mit den großen Zielen. Und habe in Oliver Kern für den OB-Posten den richtigen Herausforderer gefunden: „Ich bin überzeugt“, so Kutschaty, „es gibt keinen Besseren“.
„Weniger labern, palavern, schwafeln, rumeiern. Mehr machen“
Die 124 Delegierten des Nominierungs-Parteitages sahen das wohl ebenso. Keine Gegenstimme. Keine Enthaltung. Dass 100-Prozent-Ergebnisse bei der SPD durchaus auch eine Bürde bedeuten können, ficht den so gelobten 53-jährigen Awo-Manager Kern nicht an: Er präsentierte sich zur nunmehr offiziellen Nominierung als angriffslustiger Sozialpolitiker, der „weniger labern, palavern, schwafeln, rumeiern“ will.
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Und stattdessen „mehr machen“. Nicht weniger als „ein Jahrzehnt der Erneuerung“ verspricht der Sozialdemokrat – bei Kitas und Schulen, Wohnungsbau und öffentlichem Nahverkehr.
Der amtierende OB, dessen Namen Kern nicht einmal erwähnte, habe hier wie auch sonst „keinen Plan“, nicht im Kampf gegen die Armut in der Stadt, nicht beim Klimaschutz oder bei Schulen und Kitas. Er falle durch eine „dröhnende Stille“ auf, wo es gelte, sein Wort zu machen. „Und steht mit einem halben Bein in Berlin“.
Die Frage der Integration von Zuwanderern blieb ausgespart
Mit SPD-Mann Kern werde es in Essen 8000 neue Wohnungen binnen fünf Jahren geben, einen massiven Ausbau des Radwege-Netzes, ein Programm zur Verringerung sogenannte Hitze-Inseln in der Stadt und eine Verkehrswende zum Nahverkehr samt Fünf-Minuten-Takt bei Bussen und Bahnen. Zur Finanzierung all dieser Programme verriet Kern in seiner 24-minütigen Rede keine Details. Auffallend auch: Das Thema Flüchtlinge und überhaupt die Integration von Zuwanderern blieb gänzlich ausgespart.
Das dürfte nicht jedem in der SPD gefallen. Dennoch glaubt Oliver Kern in den sieben Monaten, in denen seine OB-Kandidatur nun bekannt ist, an ein solidarisches „Zusammenrücken“ der hiesigen SPD: „Ich habe Lust auf Aufbruch gespürt.“