Essen. 28 Verletzte gab es beim Casper & Marteria-Konzert im Seaside Beach in Essen. Bei den Fantastischen Vier am Vortag wären es wohl mehr gewesen.

Nach dem Unglück beim Konzert der Rapper Casper und Marteria ermittelt die Essener Polizei wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen Unbekannt. Die Ermittler müssen nun die Frage klären, wie es dazu kommen konnte, dass die riesige LED-Leinwand am Samstagabend beim Konzert auf dem Gelände des Seaside Beach am Baldeneysee herabstürzte und 28 Besucher verletzt wurden.

„Wir sind noch ganz am Anfang und ermitteln in alle Richtungen“, erklärte Polizeisprecherin Bettina Wehram am Montag. So werde unter anderem geprüft, ob es einen technischen Defekt gab, ob höhere Gewalt im Spiel war, ob es bei der Planung und dem Aufbau der Bühne zu Versäumnissen kam. Auch die Gewitterwarnung und welche Entscheidungen die Verantwortlichen an dem Abend trafen, werden ein Teil der vielschichtigen Ermittlungen sein.

Polizei hat Bühne und LED-Leinwand beschlagnahmt

Die Polizei hat einen externen technischen Gutachter hinzugezogen. Er werde unter anderem am Dienstag die herabgestürzte LED-Leinwand vor Ort untersuchen. Die Polizei hat die Bühne und die Leinwand beschlagnahmt, der Bereich auf dem Gelände des Seaside Beach ist abgesperrt und wird von Polizisten bewacht. „Der Bereich gilt als Tatort“, so die Polizeisprecherin. Wann dieser freigegeben werde, hänge nun von den Ermittlungen ab. Der Rest des Geländes wird seit Montag wieder genutzt.

Zum Job der Ermittler werde nun auch die Vernehmung gehören: Besucher des Konzerts, Verletzte, Veranstalter und Arbeiter, die beim Aufbau der Bühne involviert waren, sollen gehört werden. Eine Dauer der Untersuchungen sei noch nicht absehbar. Es könnte sogar sein, dass Teile ins Labor geschickt werden müssen.

Bühne wurde für das Konzert von Casper und Marteria umgebaut

Die Bühne war im Vorfeld durch das Essener Bauordnungsamt begutachtet und freigegeben worden, sagte Holger Walterscheid, Chef des Seaside Beach. Die Stadt bestätigte dies am Montag. Demnach sei bei der Abnahme beispielsweise die Standsicherheit im Hinblick auf die örtlichen Bodenverhältnisse und der Windmesser geprüft worden. Bisher sei die Polizei noch nicht an das Bauordnungsamt herangetreten, um die Unterlagen einzublicken. Auf die Frage, ob es auch eine interne Prüfung durch die Stadt gebe, hieß es: „Die Stadt wartet die Ergebnisse der polizeilichen Untersuchung ab, und entschiedet dann, wie sie weiter vorgeht.“

Für zwei der 28 verletzten Besucher bestand zeitweilig Lebensgefahr. Plötzlich auftretender Starkwind riss während des Konzerts eine Großbildleinwand von der Bühne. Mehrere Menschen im Publikum wurden von Trümmern getroffen. Walterscheid sagt am Montag danach: „Wir haben Glück gehabt“.

150 der insgesamt 20.000 Konzertbesucher waren am Samstagabend vor Ort ärztlich begutachtet worden, nachdem es plötzlich nur für wenige Minuten über dem Konzertort aus einer Gewitterzelle heftig schüttete; es sei nur eine Sturmböe gewesen, die über das Gelände fegte und zum Abbruch des Konzerts führte, sagt Seaside Beach-Geschäftsführer Walterscheid. Bei der anschließenden Evakuierung des Geländes habe es keine Panik gegeben. „Alles lief geordnet“, sagt Walterscheid am Montag. Ganz anders hingegen hätte die Situation wohl ausgesehen, wenn das Unwetter sich bereits am Freitagabend ereignet hätte, meint er.

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„Wir hatten Glück, denn für das Konzert von Casper und Marteria am Samstag war die Bühne verändert worden“, sagt Walterscheid. Beim Auftritt der Fantastischen Vier am Freitag sei das Publikum viel näher an der Bühne gewesen: „Der Abstand zwischen Graben und Bühne lag vielleicht bei zwei Metern“. Für die Bühnenshow von Casper und Marteria sei aber ein zusätzliches Podest vor der Bühne nötig gewesen. Walterscheid: „Die Zuschauer in der ersten Reihe standen deshalb etwa fünf bis sechs Meter von der Bühne entfernt“.

„Wir können alle ruhig schlafen“

Casper und Marteria in Essen- Fotos vom Abend und Tag danach

Vorne links im Bild: Die herabgestürzte LED-Leinwand. Das Foto ist am Samstagabend entstanden, nachdem die Fans das Konzertgelände am Baldeneysee verlassen hatten.
Vorne links im Bild: Die herabgestürzte LED-Leinwand. Das Foto ist am Samstagabend entstanden, nachdem die Fans das Konzertgelände am Baldeneysee verlassen hatten. © dpa | Marcel Kusch
Einsatzkräfte nach dem Konzertabbruch auf der Bühne. „Die Polizei hat das Gelände beschlagnahmt und ermittelt, wie es zu dem Unglück kommen konnte“, so die Sprecherin der Polizei.
Einsatzkräfte nach dem Konzertabbruch auf der Bühne. „Die Polizei hat das Gelände beschlagnahmt und ermittelt, wie es zu dem Unglück kommen konnte“, so die Sprecherin der Polizei. © dpa | Marcel Kusch
Bei dem Zwischenfall am Samstagabend wurden 28 Menschen verletzt. 
Bei dem Zwischenfall am Samstagabend wurden 28 Menschen verletzt.  © dpa | Marcel Kusch
Einsatzkräfte brachten die Verletzten in Krankenhäuser.
Einsatzkräfte brachten die Verletzten in Krankenhäuser. © dpa | Marcel Kusch
Marteria (im Vordergrund) zu Beginn des Auftritts am Baldeneysee – bevor das Unwetter hereinbrach. Im Hintergrund ist Rapper Casper auf der Leinwand zu sehen, die später herabstürzte. Die Musiker äußerten sich am Sonntag auf ihren Facebook-Seiten bestürzt: „Wir sind tief betroffen und wünschen allen Verletzten schnelle Genesung, wir denken an euch!“
Marteria (im Vordergrund) zu Beginn des Auftritts am Baldeneysee – bevor das Unwetter hereinbrach. Im Hintergrund ist Rapper Casper auf der Leinwand zu sehen, die später herabstürzte. Die Musiker äußerten sich am Sonntag auf ihren Facebook-Seiten bestürzt: „Wir sind tief betroffen und wünschen allen Verletzten schnelle Genesung, wir denken an euch!“ © Vladimir Wegener
Das Konzertgelände am Sonntag. Die Polizei hat den Bereich abgesperrt. 
Das Konzertgelände am Sonntag. Die Polizei hat den Bereich abgesperrt.  © Julia Tillmann
Warum Teile der Bühne herabstürzen konnten, ist bislang noch unklar. 
Warum Teile der Bühne herabstürzen konnten, ist bislang noch unklar.  © Julia Tillmann
Die große LED-Leinwand hing neben der Bühne. Auf ihr wurde der Auftritt der Künstler übertragen, damit auch die Fans, die sich weiter hinten auf dem Gelände befanden, die Musiker sehen konnten.
Die große LED-Leinwand hing neben der Bühne. Auf ihr wurde der Auftritt der Künstler übertragen, damit auch die Fans, die sich weiter hinten auf dem Gelände befanden, die Musiker sehen konnten. © Julia Tillmann
Die Polizei ermittelt nun, wie es zu dem Zwischenfall kommen konnte.
Die Polizei ermittelt nun, wie es zu dem Zwischenfall kommen konnte. © Julia Tillmann
Das Seaside Beach blieb am Sonntag geschlossen.
Das Seaside Beach blieb am Sonntag geschlossen. © Julia Tillmann
Das Seaside Beach blieb am Sonntag geschlossen.
Das Seaside Beach blieb am Sonntag geschlossen. © Julia Tillmann
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Seaside Beach-Geschäftsführer Holger Walterscheid sieht keinen Grund für Vorwürfe, das Konzert hätte vorher abgesagt oder abgebrochen werden sollen: „Es hat nichts auf dieses Wetterereignis hingedeutet“, sagt Walterscheid. Ein Krisenstab aus Vertretern von Polizei, Rotem Kreuz, Stadt Essen und Veranstalter habe sich an dem Abend kontinuierlich mit dem Wettergeschehen vor Ort befasst: „Wir können alle ruhig schlafen“, bekräftigte Walterscheid am Montag.

Erleichtert zeigte sich Walterscheid von der Nachricht, dass es den beiden Schwerverletzten inzwischen wieder besser gehe. Einem der beiden Besucher sei angeblich ein Ohr abgerissen worden, habe Walterscheid auf dem Krankenhaus erfahren: „Mehr weiß ich leider nicht“.

Veranstalter prüft Nachholkonzert von Casper und Marteria

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Unterdessen äußerten Konzertbesucher via Facebook Wünsche, ob das Konzert von Casper und Marteria womöglich nachgeholt werden könnte. Beim Konzertveranstalter Livemodus in Köln sagte Geschäftsführer Frank Nagorny am Montag auf Nachfrage: „Es wird im Moment noch geprüft, ob und wenn ja, wann es einen Nachholtermin geben kann.“ Holger Walterscheid verweist auf den enormen Aufwand: Alleine für das Bühnenequipment von Casper und Marteria hatten wir hier neun 40-Tonnen-Lastzüge. Zudem müsste ein Nachholkonzert „überhaupt erstmal in deren Tourplan passen“, meinte Walterscheid.

Inwieweit das Geschehen vom Samstagabend künftige Konzerte beim Seaside Beach beeinflusst, mochte Walterscheid am Montag noch nicht absehen: „Natürlich nehmen wir etwas mit. Konzertveranstaltungen sind immer ein lebender Prozess“. Bei kommenden Veranstaltungen auf dem gut 63.000 Quadratmeter großen Gelände des Seaside Beach „werden wir zum Beispiel Bierstände und Zelte etwas weiter nach hinten versetzen“, meint Walterscheid. Das aber aus Gründen besserer Sicht zur Bühne, erklärte er. Weitere Veränderungen hingen davon ab, was die Ermittlungen zur Unfallursache ergeben, sagte Walterscheid.

Konzerte von Alligatoah und Mark Forster wie geplant im Seaside Beach

Die geplanten Konzerte von Alligatoah am Freitag, dem 13. September, und Mark Forster am Samstag, 14. September, finden wie geplant statt, sagte Walterscheid. Bei beiden Konzerten werden, wie bei den Fantastischen Vier und Casper und Marteria jeweils 20.000 Besucher erwartet. Das Konzert von Mark Forster ist seit Juni ausverkauft.

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