Essen. Nach dem Casper-und-Marteria-Konzert steht das Sicherheitskonzept im Fokus. Seaside Beach-Chef Walterscheid: „Können nicht auf Verdacht räumen“.
Nach dem Abbruch des Rapkonzerts von Casper und Marteria am Seaside Beach in Essen am Samstagabend mit 28 Verletzten, hat die Polizei am Montagmorgen ihre Ermittlungen aufgenommen. Das Gelände ist auch am Montag gesperrt und wird durch Polizeibeamte bewacht.
"Wir wollen nicht, dass mögliche Spuren verändert werden", sagte eine Polizeisprecherin am Montagmorgen. Die Ermittlungen des zuständigen Fachkommissariats "gehen in alle Richtungen", hieß es bei der Polizei. Besonders im Fokus der Ermittler steht die Bühne, wo plötzlich auftretender Starkwind eine LED-Wand zu Boden stürzen ließ. Die Feuerwehr bekräftigt, der Veranstalter sei vor dem Unwetter gewarnt worden.
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Der Geschäftsführer des Seaside Beach sieht unterdessen keine Versäumnisse. „Das Sicherheitskonzept hat ausgereicht und ist auch gut umgesetzt worden. Die Sicherheit der Besucher hat für uns immer höchste Priorität“, sagte Holger Walterscheid am Sonntagmorgen dieser Redaktion. Das Ausmaß des Unwetter „hätte man nicht vorhersehen können.“ Das Seaside Beach habe ein Lagezentrum aus Polizei, Feuerwehr und Sanitäter vor Ort gehabt, das ab Veranstaltungsbeginn die Wettersituation im Auge gehabt hätte.
„Um 20 Uhr war zu sehen, dass sich Regen und kleine Gewitterzellen bilden könnten. Daher habe wir alle halbe Stunde eine Krisensitzung abgehalten, um über die Situation zu beraten“, so Walterscheid weiter. So hätte der Deutsche Wetterdienst um 19.30 Uhr lediglich eine Warnung der Stufe 2 für ein kleines Gebiet in Essen, also einer Warnung vor markantem Wetter und nicht vor extremen Unwetter, rausgegeben. Daher hätte man sich dagegen entschieden „nur auf Verdacht ein Konzert mit 20.000 Besuchern zu räumen.“
Seaside Beach: Wetterlage sei nicht vorhersehbar gewesen
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Zumal eine so plötzliche Evakuierung des Geländes problematisch gewesen wäre. „Bis zehn Minuten vor dem Unwetter war nichts erkennbar. Wir hatten Starkregen und eine Windböe, die genau in die LED-Leinwand eingeschlagen ist. Das konnte man nicht voraussehen,“ hieß es von Walterscheid weiter. „Ich betreibe den Seaside Beach schon seit knapp 15 Jahren und kenne einige Wetterlagen, aber so eine plötzliche Windböe mit Starkregen habe ich noch nie erlebt.“ Während des kurzen, aber schweren Unwetters hat dann starker Wind gegen 21 Uhr eine LED-Leinwand an der Bühne heruntergerissen. Die Polizei sprach von herabgestürzten Bühnenteilen.
Derweil wird auch in den sozialen Netzwerken heftig darüber diskutiert, warum das Konzert nicht früher abgebrochen wurde. Auch Fragen nach einem ausreichenden Sicherheitskonzept wurden laut: Müsse eine solche Bühne vor Unwettern nicht entsprechend geschützt sein, fragte beispielsweise ein Facebook-Nutzer.
Auch der Meteorologe Jörg Kachelmann schreibt auf Twitter: „Um 20.40 Uhr hätte man es gewusst und abbrechen können/müssen. Nichts war plötzlich, nichts war überraschend. Nur alles wie immer.“
Sanitäter vor Ort berichtet, dass sich Lage unerwartet zuspitzte
Von der Feuerwehr heißt es unterdessen, dass der Veranstaltungsort vor dem Unwetter entsprechend informiert worden sei. Schließlich habe der Deutsche Wetterdienst gegen 19.30 Uhr eine Gewitterwarnung für Essen herausgegeben. Diese habe zunächst bis 21 Uhr gegolten und sei dann noch mal bis 22.30 Uhr ausgeweitet worden. Die Leitstelle habe auch entsprechend den Sanitätsdienst vor Ort am Baldeneysee informiert.
Einer der vor Ort eingesetzten Sanitäter bestätigte, dass die Lage sich sehr schnell und für alle unerwartet zuspitzte. Augenscheinlich wurden die schwerer Verletzten von die LED-Wand am Kopf getroffen. Kurzerhand sei dann das Catering-Zelt an der Bühne zum Sanitätszelt umgewandelt worden, wo die Verletzten erstversorgt wurden. Panik habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben, auch seien die Rettungswagen, die vom Haupttor her auf das Gelände fuhren, relativ problemlos durch eine Rettungsgasse zur Bühne gekommen.
Casper und Marteria in Essen- Fotos vom Abend und Tag danach
Feuerwehr nimmt Seaside-Beach-Veranstalter in Schutz
Ob das Gelände früher hätte geräumt werden müssen, die Frage hielt man am Montagmorgen bei der Feuerwehr Essen offen: "Man kann dem Veranstalter keinen Vorwurf machen", sagte Feuerwehrsprecher Mike Filzen auf Anfrage: "Die Entwicklung und Bewegung einer Gewitterzelle ist nur schwer vorherzusehen". Eine direkte Verbindung zum Konzert- und dem Festival-Veranstalter hatte man bei der Feuerwehr indes nicht, sondern nur über den Sanitätsdienst vor Ort. "Das ist auch so im Sicherheitskonzept der Veranstaltung festgelegt worden", erklärte Filzen und sei bei derartigen Großveranstaltungen in Essen üblich.
Bei der Feuerwehr widersprach man jedoch der Aussage des Veranstalters, die DWD-Warnung vom Samstagabend habe nur für einen kleinen Teil der Stadt gegolten: Der DWD hatte um 19.31 Uhr und erneut um 21.07 Uhr eine Push-Mail, die frei erhältlich sei, mit der Überschrift "Amtliche Warnung vor starkem Gewitter für die Stadt Essen" verbreitet, sagte Feuerwehrsprecher Mike Filzen. Um 20.39 Uhr hatte die Feuerwehr Essen über das durch DWD-Daten gespeiste "Feuerwehr-Wetterinformationssystem" dann den Hinweis bekommen, dass eine Gewitterzelle aus dem Bereich Düsseldorf/Neuss in Richtung Essen ziehen könnte. Danach habe man nicht nur den Sanitätsdienst am Festivalort telefonisch informiert sondern auch einen Einsatzleitwagen mit zwei Feuerwehrleuten an Bord in Bewegung gesetzt. "Der Wagen kam zeitlich mit dem Beginn des Gewitters am Seaside-Beach-Gelände an", sagte Filzen.
Abreise vom Gelände gestaltete sich für viele Besucher langwierig
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Zwei Verletzte schwebten am Samstagabend noch in Lebensgefahr, am Sonntagmorgen gab die Polizei aber Entwarnung: Die Patienten seien auf dem Weg der Besserung. Etwa 20.000 Besucher sind bei dem Konzert gewesen. Die Besucher vor Ort hätten von dem Vorfall aber laut Seaside Beach wenig mitbekommen. Die Abreise gestaltete sich dann aber teilweise langwierig für die oftmals durchnässten Besucher, weil es abgesehen vom seitlich gelegenen Haupttor nur schmale Zugänge zur Freiherr-vom-Stein-Straße gibt.
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Das Seaside Beach bleibt am Sonntag aufgrund der Vorfälle geschlossen. In zwei Wochen sind auf dem Gelände am Seaside Beach die nächsten großen Konzerte unter anderem mit Mark Forster geplant. Diese sieht der Seaside Beach-Geschäftsführer aber nicht in Gefahr: „Die Kriminalpolizei muss sich jetzt erst mit den Gutachtern vor Ort anschauen, was das Ganze ausgelöst hat. Aber wir hoffen, dass wir die weiteren Konzerte ganz normal durchführen können“, sagt Walterscheid. Eine Anpassung der Sicherheitskonzepte sei vorerst nicht geplant.
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