Essen/Bottrop. Die Sanierung von Emil-Emscher ist der Startschuss für die Nutzung ehemaliger Bergbauflächen. Essens OB erwartet Investitionen in Milliardenhöhe.
Die ersten, die gemerkt haben dürften, dass sich endlich etwas tut auf Emil-Emscher, waren die Kreuzkröten, die sich auf dem riesigen Areal westlich der B 224 eingerichtet haben. Mehre hundert erwachsene Exemplare dieser geschützten Art ließ die RAG in den vergangenen Monaten einsammeln und auf dem Gelände umsiedeln in eigens für diesen Zweck abgetrennte Habitate. Dort dürfen die Amphibien nun dabei zusehen, wie drumherum schwere Lkw und Bagger die 26 Hektar große Industriebrache herrichten für das, was die Städte Essen und Bottrop „Freiheit Emscher“ nennen. Zwei Jahre, nachdem Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen und sein Bottroper Amtskollege Bernd Tischler der Öffentlichkeit eine Machbarkeitsstudie mit diesem Titel angestoßen haben, nimmt das Projekt auf Emil-Emscher nun Fahrt auf.
Großflächiges Gewerbe und Logistik
„Freiheit Emscher“, dahinter verbirgt sich nicht weniger als die Hoffnung auf eine blühende wirtschaftliche Zukunft zu beiden Seiten des Rhein-Herne-Kanals. Die Hoffnung auf moderne Unternehmen, die sich sich auf den riesigen ehemaligen Bergbauflächen im Herzen des Ruhrgebietes niederlassen mögen, die Hoffnung auf neue Arbeitsplätze.
„Wir führen schon Gespräche mit Interessenten, die sich hier ansiedeln wollen“, sagte Markus Masuth am Donnerstag vor Ort, während in seinem Rücken Kipplaster rangierten. Mehr mochte der Vorsitzende der RAG Montan Immobilien GmbH nicht verraten. Oberbürgermeister Thomas Kufen spricht von „großflächigem Gewerbe und Logistik“. Zwei oder drei „big Player“ stellt man sich aufseiten der Stadt vor. „Arbeitsplätze sind uns wichtig, nicht ein Logistiker mit 50 Hektar Fläche und drei Mitarbeitern“, betonte Kufen.
In zwei Jahren wird Emil-Emscher aus der Bergaufsicht entlassen – fast ein halbes Jahrhundert nachdem die gleichnamige Schachtanlage ihren Betrieb einstellte; 1973 war Schicht im Schacht. Ein Jahr später hatte das Kohlekraftwerk der Steag ausgedient. Bis 2006 nutzte die RAG Gelände als Kohlelager. 2021 könnte Emil-Emscher seiner neuen Bestimmung übergeben werden. Die Sanierung und Aufbereitung der Industriebrache soll nur ein Anfang sein. Insgesamt geht es um 150 Hektar zu beiden Seiten der Stadtgrenze, die mit dem Ende des Bergbaus nicht mehr benötigt werden. Wo sich zwei Städte immer den Rücken zugedreht haben, entsteht etwas Neues, so Kufen mit einigem Pathos. Ein Gebiet mit einer Größe von insgesamt 1700 Hektar soll vom Rand in die Mitte rücken.
Ein Ausbau der A 52 ist nicht erforderlich, würde laut Projektleitung aber nicht schaden
Dass Bewegung kommt in die Entwicklung von Emil Emscher nach so vielen Jahren ist nicht allein dem der interkommunalen Zusammenarbeit geschuldet, sondern dem Umstand, dass die verkehrliche Erschließung geklärt sei, erläutert Projektleiter Gernot Pahlen. Die A 52 rückt von Norden kommend näher an Essen heran. Ein Ausbau durch den Essener Norden sei für die Erschließung von Emil Emscher nicht erforderlich, wenn ein solcher auch den Verkehrsfluss spürbar verbessern würde, so Pahlen. Das Areal soll vielmehr über einen noch zu bauenden „Gewerbeboulevard“ angedient werden. Dieser soll weiter über die Daniel-Eckhardt-Straße bis zur B 224 führen. Vogelheim soll zudem endlich seine Ortsumgehung über die Straße Welkerhude bekommen. Darauf warten die Vogelheimer seit Jahrzehnten.
Ein neuer Autobahnanschluss an der A 42 in höhe Lichtenhorst könne hingegen warten. Bislang hieß es, eine weitere Anschlussstelle zwischen Bottrop Süd und dem Autobahnkreuz Essen-Nord sei eine zwingende Voraussetzung, damit „Freiheit Emscher“ Wirklichkeit werden. Nun genüge es, wenn die neue Autobahnabfahrt „am Ende der Entwicklung“ steht; so formulierte es RAG-Montan-Immobilien-Chef Markus Masuth.
Eine neue Anschlussstelle an der A 42 wird zurückgestellt
Die überraschende Verkehrswende dürfte der Erkenntnis geschuldet sein, dass sich ein weitere Autobahnabfahrt nicht so einfach realisieren lässt. Bislang gilt: Der Abstand zwischen den bestehenden Abfahrten wäre dafür zu kurz. Zeit wollen die Projektpartner aber nicht verlieren.
Das „Ende der Entwicklung“ streben sie bis 2030 an. Bis dahin sollen 300 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln in die „Freiheit Emscher“ fließen. Gelder aus Brüssel, Berlin, Düsseldorf, von der Bahn und der Emschergenossenschaft. „Die sammeln wir gerade ein“, sagte Kufen und zeigte sich gemeinsam mit RAG-Monat-Chef Masuth überzeugt, dass die Vorleistung der öffentlichen Hand das Vierfache private Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro auslösen wird. Es wäre eine neues Kapital Wirtschaftsgeschichte im Ruhrgebiet. Sollte es so kommen, dürften nicht nur die Kreuzkröten auf Emil Emscher staunen.