Essen-Rüttenscheid. Die einen finden sie albern, andere feiern sie als Wahrzeichen: Vor 30 Jahren wurde die Zoo-Skulptur am Rüttenscheider Markt aufgestellt.
Der Hinweis auf eine Toilette in XXL auf einem Dach montiert? Diese Idee von Künstler Albert Hien brachte vor 30 Jahren „die Gemüter in Wallung“. So hat es diese Zeitung im August 1989 notiert, als auf dem Kiosk- und Klo-Gebäude am Rüttenscheider Markt ein riesiges, rotes „00“-Zeichen montiert wurde. Versehen mit einem zackigen Pfeil, der in Richtung Toilette wies, ließ sich das Zeichen auch als „Zoo“ lesen, was die Angelegenheit noch rätselhafter machte.
Zwei Jahre zuvor war Albert Hien zur Folkwang-Aktion „Im Auftrag – Skulptur im öffentlichen Raum“ eingeladen worden und hatte sich mit der mehrteiligen Skulptur beteiligt. Zu ihr gehörte auch eine überdimensionierte Eieruhr aus Aluminium, die auf der schmucklosen Normaluhr auf dem Gebäude platziert wurde. Er wolle mit dem Ensemble Ironie und Bissigkeit versprühen, gab der Künstler zu Protokoll.
Ein Ziel, das er schon vor der Fertigstellung des Werkes erreicht habe, wie die Zeitung damals berichtet. Da ärgerten sich die einen, dass das Geld für ein Kunstwerk da sei, während das darunter stehende Gebäude sanierungsbedürftig sei. Da sind andere irritiert, dass am Marktplatz ausgerechnet auf die Toilette so auffällig hingewiesen wird. „Unser Geschäft ist neben dem Klo“, sagt eine Geschäftsfrau aus der Nachbarschaft gallig.
Initiative fordert: „Zoo muss leuchten“
Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte sollten sich freilich viele Fans des ungewöhnlichen Kunstwerks finden. Als das 00-Zeichen vor einigen Jahren nicht mehr leuchtet und nachts im Dunkeln unsichtbar wird, bildet sich die Initiative „Zoo muss leuchten“: 25.000 Euro will sie für Restauration und Beleuchtung des Werkes sammeln.
Albert Hien, der inzwischen Professor an der Akademie für Bildende Künste in München ist, freut sich über die Sympathiebewegung für sein Werk und hilft auf seine Art beim Spendensammeln: Er legt eine Kunstedition auf, eine selbstleuchtende Skulptur, die aus Neonröhren gefertigt ist und dem Aufbau auf dem Kiosk ähnelt. Von der Kritik an seiner Skulptur habe er vor 30 Jahren wenig mitbekommen, sagt er heute. „Aber ich war sehr überrascht und glücklich, als ich von der Wiederbelebungs-Initiative hörte. Das zeigt doch, dass die Installation für viele Menschen zur Landmarke und zum Wahrzeichen geworden ist.“
Der Kiosk dient der Skulptur als Sockel
Tatsächlich spendeten viele Bürger für die „Zoo muss leuchten“-Aktion, außerdem halfen die Kulturstiftung Essen, Innogy und die Nationalbank mit Spenden. Und natürlich engagierte sich der Kunstring Folkwang, der auch vor 30 Jahren den Anstoß für das Werk gegeben hatte. „Der Kunstring hatte mich und andere Künstler angesprochen und uns Fotos von verschiedenen Plätzen und Kiosken in der Stadt gegeben - danach haben wir uns dann einen Standort ausgewählt“, erinnert sich Hien. Er kannte die Stadt nicht gut, hatte aber ein paar Jahre vorher schon eine Skulptur im Folkwang Museum ausgestellt.
Den Kiosk am Markt wählt Hien gleichsam als Sockel für seine Skulptur. Darauf das Zeichen, das mal als 00, mal als Zoo, mal nur als Pfeil leuchtet. „Ein bisschen Spaß ist da schon dabei, ein Rätsel und gleichzeitig ein durchaus mit Sinn behafteter Hinweis auf die Toiletten.“ Für ihn sei es bis heute ein wichtiges Werk, aus dem vieles andere entstanden sei.
„Bei Kunst im öffentlichen Raum ist es üblich, dass nicht alle glücklich sind“
Keine Frage also, dass Hien aus München anreiste, als das Geld zur Zoo-Restaurierung zusammen gekommen war: Im November 2016 schaltete der Bildhauer das Licht wieder ein. Und Oberbürgermeister Thomas Kufen lobte bei der feierlichen Einweihung: „Kunst braucht Fürsprache. Private Initiativen wie „Zoo muss leuchten“ zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt nicht nur ein großes Herz haben, sondern auch anpacken können.“
Allerdings kann sich bis heute nicht jeder mit dem ungewöhnlichen Kunstwerk anfreunden: „Das Ding war damals schon albern, ist es heute noch und wird durch eine Beleuchtung auch nicht besser“, kommentierte ein Bürger die Rettungsaktion. Ein anderer findet: „Das Ding war schon damals hässlich.“ Albert Hien nimmt solche Sprüche gelassen: „Bei Kunst im öffentlichen Raum ist es üblich, dass nicht alle glücklich sind.“