Essen. Die Polizei muss im Kampf gegen Clankriminalität einen langen Atem beweisen. Davon ist Essens Polizeichef Frank Richter überzeugt.

Der Kampf gegen Clankriminalität in Essen ist nach Worten von Polizeipräsident Frank Richter langfristig angelegt. „Ziel ist es, dass wir in zehn Jahren die mafiösen Strukturen soweit zerschlagen haben, dass dies für die Gesamtgesellschaft keine Bedrohung mehr darstellt“, sagte Richter gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Es gebe bereits erste Erfolge.

So habe es etwa seit September 2018 nur ein einziges sogenanntes Tumultdelikt gegeben, bei dem mehrere Streifenwagenbesatzungen eine Schlägerei beenden mussten. „Früher gab es das bis zu drei Mal im Monat“, sagte der 60-Jährige weiter. Essen ist neben Berlin und Bremen besonders betroffen von Clankriminalität. Seit Dezember 2018 kümmert sich daher eine eigene Abteilung bei der Polizei Essen/Mülheim darum.

Mehr als 2400 Straftaten im Bereich Clankriminalität seit 2016

Archivbild. Die Polizei braucht im Kampf gegen kriminelle Clans einen „langen Atem“, sagt Essens Polizeipräsident Frank Richter.
Archivbild. Die Polizei braucht im Kampf gegen kriminelle Clans einen „langen Atem“, sagt Essens Polizeipräsident Frank Richter. © FUNKE Foto Services | Klaus Micke

In der „Besonderen Aufbauorganisation (BAO) Aktionsplan Clan“ befassen sich laut Richter rund 50 Beamte mit Straftaten, die von kriminellen Mitgliedern von Großfamilien mit libanesischer Zuwanderungsgeschichte begangen werden. Von 2016 bis 2018 verzeichneten die Ermittler allein in Essen und Mülheim 2439 Straftaten im Bereich Clankriminalität, vor allem Bedrohung und Nötigung, gefährliche Körperverletzung und Raub.

Richter verwies auf die Einsatzstatistik der BAO Clan. Demnach wurden seit Jahresbeginn bis zum 29. Juli unter anderem fast 4200 Fahrzeuge kontrolliert. Es gab fast 600 Strafanzeigen und knapp 1800 Ordnungswidrigkeitsanzeigen. 17 Waffen wurden sichergestellt, 54 Haftbefehle vollstreckt und zehn Betriebe geschlossen. Gegen 18 Intensivtäter wurden 50 Verfahren eingeleitet.

Polizei zählt 104 Clans in NRW

Der Essener Polizeichef sprach sich für eine verstärkte Zusammenarbeit der Behörden im Ruhrgebiet aus. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die guten Erfahrungen mit einem seit Anfang 2017 bestehenden „Innerbehördlichen Koordinierungskreis“, der sich einmal im Monat treffe. In der Arbeitsgruppe stimmen Vertreter von Zollfahndung, der Städte Essen und Mülheim, der Steuerfahndung, der Polizei und der Staatsanwaltschaften Essen und Duisburg ihre Maßnahmen für Essen und Mülheim ab. „Clan-Kriminalität macht nicht an den Stadtgrenzen halt“, sagte er.

Das Landeskriminalamt hatte Mitte Mai das erste Lagebild zur Clankriminalität in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Demnach sieht die Polizei in NRW 104 Clans mit kriminellen Mitgliedern am Werk. Allein in den Jahren 2016 bis 2018 sollen rund 6500 Verdächtige aus der Szene für mehr als 14 000 Straftaten verantwortlich gewesen sein. „Wir haben es hier eben nicht mit Eierdieben und Tabakschmugglern zu tun“, hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung des Lagebilds Mitte Mai gesagt. Clankriminalität sei keine Kleinkriminalität. „Wir reden von schweren Verbrechen bis hin zu Tötungsdelikten“, so Reul weiter. Clan-Hochburg in NRW ist dem Lagebild zufolge Essen. Jede fünfte Straftat geht dabei auf das Konto von nur zwei Clans.

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Auch das Landeskriminalamt NRW sieht bei der Bekämpfung der Clankriminalität Erfolge. So zeigt laut dem stellvertretenden Behördenleiter Thomas Jungbluth etwa die Ausweisung eines Clanchefs aus Bremen Wirkung. Bei Straßenkontrollen sei neuerdings „ein ausweichendes Verhalten“ wahrzunehmen, hatte Jungbluth der Tageszeitung „Die Welt“ vergangene Woche gesagt. „Der ein oder andere Clan“ scheine beeindruckt zu sein. (dpa)