Essen. Cosmas und Damian sind die Stadtpatrone Essens. Im Stadtbild sind sie durchaus präsent, doch viele Bürger kennen sie nicht. Ein Streifzug.
„Das Wort Cosmos kommt jedem bekannt vor. Aber Cosmas – mit „a“?“ Ulrike Burgsmüller, Leiterin der „Cosmas und Damian-Schule“ in Frohnhausen, wundert sich nicht über die häufig falsch geschriebene Adresse. „Der Name sorgt immer wieder für Verwirrung.“
Die Menschen wissen nicht, dass Cosmas und Damian die Stadtpatrone von Essen sind. Die Zwillinge und Ärzte lebten vor mehr als 1700 Jahren in Kleinasien, ihre Reliquien kamen im 9. Jahrhundert nach Essen und werden heute im Dom aufbewahrt. Mit ihnen ist eine traditions- und legendenreiche Geschichte verbunden, die aber immer mehr in Vergessenheit gerät.
Im und am Rathaus gibt es sie auch noch
Haben die beiden Heiligen eigentlich heute noch eine Bedeutung im Leben einer multikulturellen Stadt, in der nur noch eine Minderheit ihre Namen kennt? Die Stadtpatrone sind noch gegenwärtig. Aber aus dem Tagesgeschäft haben sie sich zurückgezogen. Als Heilige schweben hoch oben, links über dem Eingang des Essener Rathauses, überzogen mit einem Netz zur Taubenabwehr. Sie sind die einzigen Überreste des 1964 abgerissenen neugotischen Rathauses am heutigen Kennedyplatz.
Im Rathaus gibt es sie auch noch. „Als Figuren in unterschiedlicher Größe“, erklärt Klaus Kaiser, zweiter Vorsitzender des Historischen Vereins für Stadt und Stift Essen e.V. Die Stadt verschenkt die Darstellungen in Porzellan zu Jubiläen und an offizielle Gäste der Stadt. Bei Oberbürgermeister Thomas Kufen stehen sie auf dem Schreibtisch, er hat sie jeden Tag vor Augen.
Hinrichtung um das Jahr 303
Doch wer sind die beiden eigentlich? Dass sie tatsächlich gelebt haben, halten die Forscher für sehr wahrscheinlich. Die Überlieferung kennt mehrere Brüderpaare im Bereich der heutigen Türkei. Das Volk verehrte sie als kostenlos praktizierende Ärzte (die auch Wunder vollbrachten) und für ihre karitative Tätigkeit.
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Um 303 sollen sie nach Foltern mit dem Schwert hingerichtet worden sein, weil sie ihren Glauben nicht ablegen wollten. „Sie wirkten als Ärzte aus einer christlichen Haltung heraus unter Einsatz ihres Lebens“, erklärt Dompropst Thomas Zander die Verehrung. Er ist „Hausherr“ des Essener Doms. Und weil diese Verehrung im orthodoxen Raum ihren Ursprung hatte, kommen noch heute orthodoxe Christen zu den Essener Reliquien.
Seit 2005 gibt es hier eine Russisch-Orthodoxe Gemeinde „Cosmas und Damian“, die einen Gottesdienst im Dom feiert. Eigentlich sind die beiden Stadtpatrone inzwischen „multikulti“ in Essen. Das hat auch mit der „Cosmas und Damian-Schule“ zu tun, eine beliebte städtischen katholischen Grundschule. „Wir haben unsere Schule nie engstirnig gesehen“, betonen Schulleiterin Ulrike Burgsmüller-Günther. Ihre Mutter Gabriele Günther war hier 26 Jahre lang Rektorin und ist Initiatorin dieses Namens. „Viele Eltern können mit dem Namen nur oberflächlich was anfangen. Aber das geht anderen Schulen nicht anders“, erklärt die Schulleiterin.
Gottesdienst im September erinnert an Cosmas und Damian
Im Sachkundeunterricht der Klassen 3 und 4 erfahren die Kinder etwas über Cosmas und Damian. Dort geht es im Fach Heimatkunde um die Stadt Essen.
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Zum Festtag der beiden Heiligen, der mit einem Gottesdienst im September im Dom gefeiert wird, werden die Reliquien aus dem Domschatz geholt. Dass dieser Feiertag durch das Zweite Vatikanische Konzil 1969 um einen Tag auf den 26. September vorgezogen wurde (um Platz zu machen für einen „wichtigeren“ Heiligen), hält der Dompropst nicht für bedeutsam. „So etwas geschieht immer wieder im Zuge von Kalenderreformen. Im Bewusstsein der Menschen spielen die Heiligen immer noch die alte Rolle.“
Nicht aber im täglichen Leben. In einer Großstadt zerfallen die Interessen der Bürger immer mehr, bedauert Klaus Kaiser. Die Menschen interessieren sich nur noch für ihren Stadtteil, schließen sich in Bürgervereinen zusammen und schaffen sich Stadtteilwappen. Vorwiegend in Altenheimen finde der Historische Verein noch aufgeschlossene Zuhörer für die Geschichte der Stadt. „Es ist schwierig“, befindet Klaus Kaiser, „sich gegen das geringe Interesse zu stemmen.“
Der Autor studiert an der Uni Duisburg-Essen den Masterstudiengang „Geschichtspraxis interkulturell“