Essen. Die Grenzen zu politischen Schmuddelkindern von ganz rechts außen verschwimmen. Wir müssen das ertragen, meint NRZ-Redakteur Wolfgang Kintscher.
Es wird offenbar Zeit, dass wir uns dran gewöhnen: Die alten Grenzen zu den Schmuddelkindern der Politik, sie verschwimmen auch in dieser Stadt zusehends. Wenn eisschleckende Steelenser vorbeimarschierenden Hooligan-, Bürgerwehr- und sogar Nazi-Gruppierungen applaudieren, zeigt dies: Zumindest bei ausgewählten Themen ist der Abstand des bürgerlichen zum rechtsextremistischen Lager hier und da auf Armlänge geschrumpft. Das hängt auch damit zusammen, dass die Rechtsaußen trotz ihres martialischen Auftritts größtenteils lammfromm daherkommen und – medial durchaus geschickt – ungestillte Bedürfnisse in der Bevölkerung bedienen.
Mehr noch: Ein einziges Plakat („RIF kleiner Luis“) hebelte am Donnerstag den Vorwurf der Kritiker aus, man instrumentalisiere ja nur die abscheuliche Tat von Frankfurt und lasse die des verdursteten Altenessener Kleinkindes bewusst außen vor.
Versammlungsfreiheit gilt eben auch für die Rechtsaußen
Nein, so einfach machen es einem die „Steeler Jungs“ und ihre Sympathisanten nicht (mehr). Und nachdem die Gegendemonstranten weder durch gekonntes Ignorieren noch durch lautstarke Schlachtgesänge die „Spaziergänge“ eindämmen oder gar stoppen konnten, nimmt es nicht Wunder, dass im gegnerischen Lager langsam Ratlosigkeit um sich greift.
Nein, kein Vorwurf an jene, die sich mit den selbsternannten Ordnungswächtern aus tiefster Überzeugung nicht abfinden mögen. Ihnen anzulasten, sie würden die andere Seite mit ihren Aktionen nur stärker machen, wäre wohl unfair. Aber die Versammlungsfreiheit gilt eben auch für die Rechtsaußen, und solange die „Steeler Jungs“ sich dabei friedlich verhalten, müssen sie marschieren dürfen – so schwer erträglich einem das auch vorkommen mag. Es ist dies eine der Tugenden dieser Demokratie, dass sie ihre Freiheiten selbst denen gewährt, die ihr arg suspekt scheinen – bis an die Schmerzgrenze.