Essen. Spicer Gelenkwellenbau gehört zu den Essener Firmen, die regelmäßig ausbilden. Dabei kann der Betrieb auf eine komfortable Bewerberzahl setzen.

Gerhard Verhoven hat den nächsten Azubi-Jahrgang längst unter Vertrag. Der Ausbildungsleiter bei der Dana Spicer Gelenkwellenbau GmbH wird zum 1. September die sechs neuen Lehrlinge im Betrieb begrüßen. Schon im März war das Bewerbungsverfahren eigentlich abgeschlossen. Allerdings sprang ein Kandidat noch ab, so dass der letzte Vertrag vergleichsweise spät, im Juli unter Dach und Fach war.

Der Hersteller von schweren Gelenkwellen für Lkw, Busse oder Lokomotiven gehört damit nicht zu den vielen Unternehmen in Essen, die kurz vor Toresschluss immer noch nicht genügend Auszubildende gefunden haben und kann sich damit glücklich schätzen. Denn an Bewerbern mangelt es dem Unternehmen beileibe nicht. 120 junge Leute hatten sich für die sechs Stellen in diesem Jahr beworben. Eine komfortable Situation auch dann noch, obwohl etwa fünf bis zehn Prozent der Bewerbungen von vornherein aussortiert werden, „weil sie in einem erschreckenden“ Zustand bei Spicer ankommen.

Unternehmen Dana Spicer Gelenkwellenbau muss um Azubis nicht werben

Das Unternehmen bildet in fünf Berufen aus, dazu zählen der Zerspanungsmechaniker, der Industriemechaniker, der Werkzeugmacher, eine Ingenieursausbildung und der Industriekaufmann bzw. -frau. 17 Azubis sind es derzeit über alle dreieinhalb Berufsjahre. Damit kann das Unternehmen seinen Nachwuchsbedarf gut aus eigener Kraft decken. Denn für alle, die die Ausbildung schaffen, gibt es eine Übernahmegarantie.

Spicer Gelenwellenbau als Vorzeigebetrieb

Die Dana Spicer Gelenkwellenbau GmbH wurde 1946 in Düsseldorf gegründet und zog 1954 nach Essen um. Sie beschäftigt über 600 Mitarbeiter.

Das Unternehmen war am Mittwoch Station der diesjährigen Ausbildungstour von IHK, Handwerkskammer, Arbeitsagentur, Jobcenter, Unternehmensverband und DGB.

Seit mehreren Jahren besuchen diese Institutionen Betriebe in der Region, um für das Thema Ausbildung zu werben. Sie besuchen Betriebe, die sie als Vorbilder sehen.

„Wir haben noch noch nicht einen Tag gespürt, dass wir Werbung für unsere Ausbildungsplätze machen müssen“, sagt Verhoven, erwähnt aber, dass das Unternehmen seit vielen Jahren an den Essener Schulen präsent ist. Auch das ist schließlich eine Art Werbung. Außerdem ist es nicht ungewöhnlich, dass in dem Unternehmen mehrere Generationen arbeiten. Der Vater also den Sohn mitbringt oder den Neffen. „Da spielt sicher der gute Ruf eine Rolle, den wir haben“, ist der Ausbildungsleiter überzeugt.

Was den Erfolg auch ausmacht: Verhoven und die Personalabteilung haben über all die Jahre einen pragmatischen Blick bei der Auswahl ihrer Azubis an den Tag gelegt. So gilt als Einstiegskriterium ein Hauptschulabschluss. Noten seien dabei zweitrangig. „Wir schauen auf andere Dinge, wie Fehltage“, sagt Verhoven. Wichtig seien Pünktlichkeit, Fleiß und der Wille, etwas zu lernen. „Die Chemie muss stimmen“, betont Verhoven.

Mädchen in der Ausbildung sind bei Spicer rar

Ausbilder Jan-Gerrit Naß mit dem Auszubildenden Lukas Klüber. Er ist einer von derzeit 17 Azubis im Betrieb.
Ausbilder Jan-Gerrit Naß mit dem Auszubildenden Lukas Klüber. Er ist einer von derzeit 17 Azubis im Betrieb. © FUNKE Foto Services | Nadine Przystow

Einen Einstellungstest, um eine erste Auswahl zu treffen, gibt es dennoch. Und es verwundert auch nicht, dass in den aktuellen Azubi-Jahrgängen mehrere Studienabbrecher sitzen, die natürlich in solchen Auswahlverfahren bessere Karten haben. Aber Verhoven betont, dass ihm eine Mischung lieb ist aus ganz jungen Abgängern aus der Hauptschule und den meist älteren und reiferen Studienabbrechern. Sein Credo: „Ich will nicht die Besten sondern die Besten für den Betrieb.“

Etwas ist Verhoven in den Jahrzehnten seiner Aufgabe als Ausbildungsleiter aber nicht gelungen: nämlich mehr Mädchen für die gewerblich-technischen Berufe zu begeistern. In den vielen Jahren habe es nur drei weibliche Auszubildende gegeben. Interessenten habe es mehr gegeben, aber die seien dann häufig bei Bewerbungsgesprächen gar nicht mehr aufgetaucht. Eine Erklärung hat Verhoven dafür nicht, außer dass natürlich diese Berufe bei Mädchen nicht gerade auf der Wunschliste ganz oben stehen.