Essen. Die drohende Schließung des Essener Werks von Kennametal Widia wirft für den Betriebsrat viele Fragen auf. Er will kämpfen, doch die Zeit drängt.

„Wir leisten WIDIAstand“ – das Wortspiel haben sie sich jetzt mal gegönnt, obwohl den Betriebsräten bei Kennametal Widia ansonsten nicht zum Lachen zumute ist. Denn bei allen Fragen, die sie mit der drohenden Werksschließung verbinden, zeichnet sich nach einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses in dieser Woche ab: Die US-Mutter will nicht lange fackeln, sondern noch 2019 erste Schritte einleiten, damit der Standort Essen aufgegeben werden kann.

Er sei, so heißt es, der teuerste im Konzern. Da hilft offenbar auch der Ruf als „Problemlöser“ in heiklen Produktionsfragen nichts. Zwar steht das Aus fürs Werk erst im Geschäftsjahr 2021 an, das im Juli kommenden Jahres beginnt. Doch noch in diesem Jahr sollen dem Vernehmen nach erste Aufträge für sogenannte Wendeschneidplatten nicht mehr an der Münchener Straße in Holsterhausen, sondern andernorts gefertigt werden. Vor allem dort, wo die Absatzmärkte sind – in den USA und in China. Einen Teil will man auch ins fränkische Ebermannstadt verlagern.

Die 400 Arbeitsplätze nicht einfach „abschreiben“

Dass all dies nur zur Gewinnoptimierung eines auch bislang schon profitablen Konzerns erfolgt, lässt die Arbeitnehmer – immerhin 400 bangen allein in Essen um ihren Job – immer noch wütend zurück. Auch die SPD reagierte „bestürzt und verärgert“ über das Ansinnen aus den USA, ein gut wirtschaftendes Unternehmen „für Börsengewinne zu opfern“.

Betriebsrat und IG Metall machten deshalb jetzt deutlich, sie wollten „die Schließung nicht hinnehmen und 400 Arbeitsplätze einfach ,abschreiben’“. Noch befinde man sich aber in einer „Informationsphase“, es gehe darum, in Erfahrung zu bringen, ob und wie der Transfer von Produktion und Know-how überhaupt vonstatten gehen kann und wie belastbar die unternehmensinternen Kostenvergleiche wirklich sind.

Signale aus dem Management: Es gibt noch was zu verhandeln

Zu diesem Zweck hat man sich die Unterstützung des gewerkschaftsnahen Beratungsunternehmens EWR-Consulting gesichert. Auch juristischer Rat ist gefragt, denn hierzulande wird bezweifelt, dass es rechtens war, die beiden deutschen Aufsichtsräte kurzerhand für nicht zuständig zu erklären.

Immerhin wollen einige Arbeitnehmer-Vertreter aus dem deutschen Management durchaus Signale dafür empfangen haben, dass über das Werks-Aus in Essen noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Eine Rettung werde aber, so viel sei klar, „nicht ohne harte Einschnitte“ vonstatten gehen.

Was das heißt, muss offenbleiben. Klar ist, dass die Belegschaft es auf dem Arbeitsmarkt schwer hätte, nicht zuletzt wegen des hohen Altersschnitts von über 50 Jahren. Für Ende August ist eine Sondersitzung des Aufsichtsrates angesetzt, dann werden weitere Informationen erwartet.