Essen. Schon 39 Mal hat die Stadt Essen 2019 Nester von Eichenprozessionsspinnern entfernt. Bei Berührungen drohen Hautentzündungen und schlimmeres.
Wenn es warm und trocken ist, geht’s dem Eichenprozessionsspinner prima. Doch mit ihren giftigen Brennhaaren sind die Raupen eine tückische Gefahr. Auch Essen hat der Schädling voll im Griff. „Der Eichenprozessionsspinner kommt im gesamten Stadtgebiet vor“, sagt Stadtsprecherin Jasmin Trilling. In den letzten Wochen habe die Stadt bereits 39 Gefahren-Nester entfernen müssen. Zum Vergleich: Im letzten Jahr waren es 91. Die Folge: Die damit beauftragten Privatfirmen haben allen Hände voll zu tun.
Kommen Menschen mit den Brennhaaren der Raupe in Berührung, drohen schmerzhafte und behandlungsbedürftige Hautentzündungen. Beim Einatmen der abgefallenen Haare können Bronchitis und Asthma die Folgen sein. „Seit zwei Wochen sind wir täglich mit vier Kolonnen an Rhein und Ruhr unterwegs“, sagt Fabian Skibba, Inhaber des Kettwiger Baumdienstes. Einer dieser Zwei-Mann-Trupps sei allein im Essener Stadtgebiet unterwegs.
Die Liste der Einsatzorte ist entsprechend lang. Mal ist es der Spielplatz am Stauseebogen, dann die Fischlaker Grundschule, mal Lanfermannfähre, dann der Uferweg am Baldeneysee. Lauter Stellen, an denen der Nachtfalter Schrecken verbreitet hat.
Stadtsprecherin: „Haben befallene Orte Aufenthaltscharakter, klingeln bei uns die Alarmglocken“
Gefahren für die Gesundheit
Vom Schmetterling selbst geht keine Gefahr aus. Die Raupen hingegen schießen kleine, nicht sichtbare „Brennhaare“ ab, wenn sie Gefahr wahrnehmen. Bei Kontakt mit der Haut entstehen nach Aussage des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen Juckreiz und Entzündungen bis zur Nesselsucht.
Werden Härchen, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten, eingeatmet, kann es je nach Vorbelastung zu Atemnot, Bronchitis oder Asthma kommen. Auch Schwindelgefühl und Fieber können auftreten.
Bei Kontakt sollte intensiv geduscht und die Kleidung gewaschen werden. Bei schwerwiegenden Problemen rät das Gesundheitsamt, einen Arzt aufzusuchen.
Innenminister Reul hat der Stadtverwaltung Essen im vergangenen Jahr per Erlass aufgegeben, was Ordnungs- und Gesundheitsamt sowie Grün & Gruga zu tun haben, wenn Gefahr im Verzug ist. „Haben befallene Orte Aufenthaltscharakter, klingeln bei uns die Alarmglocken“, sagt Jasmin Trilling. Gemeint seien damit Wanderwege und Bushaltestellen, Schulhöfe und Spielplätze sowie Kindertagesstätten. Die Schmetterlingsraupen bewegen sich prozessionsartig bevorzugt an Eichen. Weil von ihnen eine Gefahr für die Gesundheit ausgeht, warnt die Stadt Essen davor, „sich den Tieren und ihren Nestern zu nähern und diese selbst zu entfernen“.
Kettwiger Baumdienst: „Ein einziger Baum hatte sage und schreibe 90 Nester“
80 Prozent seiner Auftraggeber seien Kommunen im Ruhrgebiet und Rheinland, sagt Fabian Skibba. Seine Mitarbeiter müssen Schutzanzüge tragen, wenn sie die Nester aus Bäumen entfernen. „Im Schnitt fallen pro Baum Kosten von 350 Euro an“. Skibba habe auch schon erlebt, dass ein einziger Baum von sage und schreibe 90 Nestern befallen gewesen sei.
Dramatische Folgen hatte der Eroberungszug des Eichenprozessionsspinners in Essen bislang noch nicht. Lediglich wenige Tage vor dem Pfingst Open Air im Werdener Löwental nahe der Ruhr war vorübergehend Nervosität aufgekommen. „Man hatte ein Nest auf dem Gelände gefunden und auch direkt reagiert“, berichtet die Stadtsprecherin. Die Fachfirma habe das Nest umgehend entfernen können, Baumkontrolleure von Grün & Gruga sowie Experten des Gesundheitsamtes hätten das Gelände bis Festivalbeginn ständig kontrolliert. Mit Erfolg: Das 37. Open Air Festival mit mehr als 18.000 Besuchern konnte starten.
Privaten Grundstücksbesitzern raten Fachleute, das Problem Eichenprozessionsspinnger nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Selbst wenn er längst ausgeflogen ist, bleiben seine zurückgelassenen Nester mit den Brennhaaren über Jahre hinweg unverändert gefährlich.“