Essen. Ob Ärger mit dem Telefonanbieter oder dem Versorger: Betroffene kommen mit Beschwerden kaum mehr durch. Die Verbraucherzentrale vermutet Kalkül.
Briefe bleiben unbeantwortet. Kunden verbringen unendlich Zeit in der Warteschleife an der Hotline. Und wenn sie endlich einen Berater an der Strippe haben, dann wimmeln diese oft ab. Dieses Geschäftsgebaren von Unternehmen ist immer häufiger Alltag in den Beratungen der Verbraucherzentrale in Essen.
„Viele Betroffene dringen mit ihren Anliegen bei Unternehmen gar nicht mehr durch. Sie laufen gegen eine Wand“, beklagt die Leiterin der Beratungsstelle Manuela Duda am Freitag bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2018. Auffällig sei dies in vielen Geschäftsbereichen, bei der Verbraucherzentrale stechen aber Unternehmen vor allem aus dem Telekommunikations- aber auch Energiebereich heraus.
Betroffen von solchem Geschäftsgebaren sind dabei nicht nur Menschen mit niedrigerem Bildungsstand. „Wir haben auch Fälle, wo sich die Verbraucher normalerweise selbst gut helfen können. Nur: Sie kommen mit ihren Beschwerden nicht weiter“, sagt Manuela Duda. Häufig bleibe ihnen dann nur der Gang zum Anwalt oder eben zur Verbraucherzentrale. „Wir haben meist einen direkten Zugang zu den Unternehmen“, sagt die Verbraucherschützerin. Meist lenkten diese dann auch ein.
Manuela Duda glaubt, dass hinter einem solchen Vorgehen bei manchem Unternehmen durchaus Kalkül steckt. Sie setzten wohl darauf, dass Betroffene aufgeben und auf ihre Rechte verzichten und dann lieber mehr Geld zahlten. Doch auch wenn es dann nur kleine Beträge pro Monat seien, die sie mehr zahlen, hingen die Betroffenen dann meist über zwei Jahre in solchen Verträgen fest. „Für manche kann dies der Einstieg in die Schulden sein“, warnt sie.
20.400 Anfragen von Ratsuchenden zählte die Verbraucherzentrale in Essen
Im vergangenen Jahr gab es bei der Verbraucherzentrale in Essen fast 20.400 Anfragen von Ratsuchenden. Die Zahl ist seit Jahren in etwa gleich hoch. „Viel mehr könnten wir aufgrund unserer Personalausstattung auch kaum schaffen“, meint Manuela Duda. Besonders hoch ist das Aufklärungsinteresse der Menschen beim Thema Finanzen. Auf Platz 2 folgt dann schon die Telekommunikation. Schaut man sich dagegen die Fälle an, in denen sich die Verbraucherzentrale rechtlich einschalten muss, ist der Telekommunikationsbereich die Nummer 1 (siehe Grafik).
Dass hier offenbar einiges im Argen liegt, zeigt exemplarisch ein Test der Verbraucherzentrale aus diesem Frühjahr. Die Mitarbeiter gingen in insgesamt acht Telefonläden in der Stadt und gaben sich als interessierte Kunden aus, die einen Mobilfunkvertrag abschließen wollten. Was sie dabei im Auge hatten: Laut Verbraucherrecht müssen die Unternehmen jedem Kunden ein Produktinformationsblatt aushändigen, wo die Konditionen des Vertrages aufgeschlüsselt sind. In keinem einzigen der acht Läden hätten sie ein solches Blatt von den Verkäufern bekommen, sagt Duda. Stattdessen gab es höchstens einige handschriftliche Notizen, die allerdings lediglich die Vorzüge des Vertrages aufschlüsselten, sagt Manuela Duda.
Ärger mit Energieverträgen nimmt zu
Ein Bereich, der in der Beratung „wächst“, ist indes der Energiebereich. Verbraucherberater Ingo Döring spricht von „rabiaten Vertriebsmethoden“, die einige Marktteilnehmer an den Tag legten. Diese reichten von aggressiven Telefonaten über Haustürgeschäften und Abschlüssen auf der Straße. Manche Verbraucher hätten dann bis zu drei Verträge abgeschlossen. Da wieder herauszukommen, sei schwierig und in der Beratung aufwendig.
Kontakt zur Verbraucherzentrale Essen
Die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale sitzt in der Hollestraße 1, gegenüber vom Hauptbahnhof im Haus der Technik. Sie ist telefonisch erreichbar unter 0201 64957401.
Mehr Informationen wie Öffnungszeiten, aktuelle Beratungsthemen und ev. Beratungskosten finden Interessierte unter www.verbraucherzentrale.nrw/essen
Aktuell warnt die Verbraucherzentrale vor Abzocken von Schlüsseldiensten, Teppichreinigungen und bei Reisegewinnen. Auch dubiose Terrassenreiniger trieben ihre dubiose Geschäfte. Manuela Duda berichtet von einem Essener Ehepaar, das für eine vierstündige Reinigung 1600 Euro zahlen sollte. Meist wollten solche Unternehmen die Summe in Gänze und sofort. In all solchen Fällen rät sie: „Niemals unter Druck setzen lassen!“