Essen. Nach Rennen über die Margarethenhöhe sollen zwei Essener vor den Strafrichter. Damit hat der Raser-Paragraf erstmals in Essen juristische Folgen.

Das mutmaßlich illegale Straßenrennen über die Essener Margarethenhöhe soll für die beiden Fahrer schon bald vor einem Strafrichter enden: Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage gegen die beiden 53 und 26 Jahre alten Sportwagen-Piloten aus Essen erhoben, die am 23. März wegen diverser Verstöße gegen einschlägige Vorschriften von der Polizei aus dem Verkehr gezogen worden sind.

Wie Oberstaatsanwältin Anette Milk am Dienstag auf Anfrage dieser Zeitung erklärte, lautet der Vorwurf der Strafverfolger an die Adresse der zwei Beschuldigten, „an einem unerlaubten Kfz-Rennen teilgenommen zu haben“. Damit hat der Paragraf 315d des Strafgesetzbuches, der seit 2017 die schlimmsten Geschwindigkeitsverstöße auf den Straßen unterbinden soll, das wohl allererste Mal in Essen juristische Folgen. Darin heißt es unter anderem: Wer als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Und zwar unabhängig davon, ob er durch seine Rücksichtslosigkeit Leib und Leben Unbeteiligter gefährdet hat oder nicht, wie Milk betonte: „Das ist der Sinn der neuen Vorschrift.“

Wie schnell genau die beiden PS-Boliden unterwegs waren, ist unklar

Wie schnell das Duo – der eine in einem Lamborghini Huracan, der andere in einem Ferrari 488 Pista – an jenem Wochenende im März auf der Sommerburgstraße genau unterwegs war, konnte Milk nicht sagen. Jedoch gehe die Anklage von einem illegalen Rennen aus, weil es ausreichend glaubwürdige Aussagen dafür gebe, dass die beiden Fahrer mit ihren PS-Boliden nebeneinander Aufstellung auf der Straße genommen haben, die Autos dann nach „optischer und akustischer Wahrnehmung“ von Zeugen, so Milk, mit hoher Geschwindigkeit losgefahren, über eine Querungshilfe auf der Straße gerast seien und erst wieder Aufstellung hintereinander genommen haben sollen, als Gegenverkehr in Sicht gekommen sei.

Alarmierte Polizisten stoppten die mutmaßlichen Raser wenig später auf einem Tankstellengelände an der Sommerburgstraße. Die beiden Autos, aber auch die Führerscheine der Fahrer wurden sichergestellt.

Bereits einen Tag später berichtete die Polizei, dass Zeugen gegen 11.15 Uhr an jenem Samstag beobachtet hatten, wie die beiden Boliden nebeneinander beschleunigten und teilweise in den Gegenverkehr fuhren. Der 470 Kilowatt starke rote Lamborghini Huracan sei von seinem noch 52-jährigen Besitzer gefahren worden. Seinen gelben Ferrari 488 Pista, angeblich mit dem stärkten V8-Motor in der Geschichte der italienischen Edelschmiede, hatte er dem damals 25 Jahre alten Essener überlassen. An den Autos, deren Halter der ältere der beiden Männer ist, befanden sich laut Polizei nicht alle vorgeschriebenen amtlichen Kennzeichen.

Die PS-Boliden und die Führerscheine wurden unter Verschluss gehalten

Monatelang nach dem aus Sicht der Staatsanwaltschaft illegalen Straßenrennen hat die Justiz die beschlagnahmten PS-Boliden unter Verschluss gehalten. Auch die Führerscheine der beiden 52 und 25 Jahre alten Fahrer aus Essen blieben vorläufig entzogen. Dies hat das Essener Amtsgericht so beschlossen.

Noch nicht abgeschlossen sind die Ermittlungen nach dem Horror-Unfall im Mai des vergangenen Jahres mit sechs Verletzten am Berliner Platz in der Innenstadt. Seit mittlerweile über einem Jahr gehen die Behörden auch dort dem Verdacht eines illegalen Autorennens nach. Und seitdem widerspricht die Essener Polizei der viel diskutierten These, es gebe in der Innenstadt und teils auch im Essener Süden eine Raser-Szene, die häufiger illegale Rennen fahre.