Allergien gegen Nüsse, Reaktionen auf Milch oder andere Zutaten: Eis kann heftige Probleme auslösen. Worauf Allergiker achten sollten.
Es gibt bei Kindern eine Frage, die sich mit steigender Außentemperatur häuft: „Kann ich ein Eis?“ Können meistens ja, dürfen leider nicht immer. Denn auch in der kühlen Masse gibt es Inhaltsstoffe, die Allergien auslösen können. Dr. Cordula Koerner-Rettberg, Oberärztin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin im St. Josef-Hospital Bochum, warnt aber vor Panikmache. „Grundsätzlich kann natürlich erst einmal jedes Kind, das bisher keine Beschwerden hatte, weiter Eis essen.“ Und längst nicht jedes Bauchkneifen, sagt die Medizinerin auch, „ist gleich ein Allergie“. Oft ist es „nur“ eine Nahrungsmittelunverträglichkeit wie Zöliakie oder Lactose-Intoleranz.
15 Prozent der Bevölkerung leiden unter Allergien
„Für den Betroffenen sehr unangenehm, aber nicht gefährlich.“ Anders als die Allergie. Rund 15 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden laut Koerner-Rettberg unter irgendeiner Allergie. Im Eis können allergische Reaktionen durch vielfältige Stoffe ausgelöst werden. Besonders oft bereiten verarbeitete Nüsse Allergikern Probleme, weiß die Bochumer Ärztin. Allergene können bei den Betroffenen Juckreiz, Kribbeln, Brennen oder Niesen auslösen. Die Nase verstopft oder läuft wie ein Wasserfall. Sie bekommen Pusteln im Mund oder Quaddeln auf der Haut. Für einen niedrigen einstelligen Prozentsatz der Deutschen kann eine Allergie lebensgefährlich werden. Sie bekommen keine Luft mehr, der Kreislauf kollabiert. Anaphylaxie nennen Mediziner diesen Allergischen Schock. „Das ist ein echter Notfall“, stellt die Medizinerin klar. „Da muss man sofort den Rettungswagen rufen.“
Allergien tauchen meist nicht über Nacht auf
In der Regel taucht die Allergie – auch beim Eis – aber nicht über Nacht auf. Selbst wenn der Sohn oder die Tochter das Eis vom Italiener an der Ecke bisher problemlos vertragen hat, sich plötzlich aber nach der ersten Kugel schlecht fühlt, ist das nur das Ende einer längeren Entwicklung. Das Immunsystem des Menschen wird durch den mehrfachen Kontakt mit dem Allergen sensibilisiert. Sobald es das Allergen als Angreifer erkennt, bildet es Abwehrstoffe, welche die typischen Symptome einer Allergie auslösen. „Es gibt immer eine Vorgeschichte“, weiß die Expertin. „Nur merkt der Mensch davon meistens nichts.“
Das Gefährliche an der Allergie ist zudem, dass sie längere Zeit recht sanft verlaufen, irgendwann aber nach Kontakt mit den auslösenden Stoffen plötzlich viel stärker werden kann. „Das lässt sich nicht verlässlich voraussagen.“ Hat man ein Eis gegessen und es kommt zu einer – nicht lebensbedrohenden – Reaktion, sollte man zeitnah durch den Arzt bestimmen lassen, ob es sich überhaupt um eine Allergie handelt und wenn ja, um welche.
Vorsicht vor Resten am Portionierer
Koerner-Rettberg berichtet von Fällen, in denen ein Nussallergiker Beschwerden bekam, obwohl er nur eine Kugel Vanilleeis geschleckt hatte. Der Eisverkäufer hatte kleine Reste einer zuvor verkaufen Portion Nusseis am Portionierer mitgeschleppt. Auch hier gilt: „Sprechen Sie mit den Verkäufern, bitten Sie um einen frischen Portionierer.“ Dennoch muss für Menschen mit schweren allergischen Reaktionen Vorsicht beim „offenen“ Eis aus der Theke gelten, wenn sich Eissorten mit den Allergenen in der Theke befinden. Alle, die in diesem Sommer nicht bedenkenlos zur gefrorenen Abkühlung greifen können, sollten die Hoffnung auf ungetrübten Eisgenuss nicht komplett aufgeben. „Viele Allergien des Kindesalters vergehen, wenn man älter wird.“