Essen. Mit plakativen Umstiegsappellen an Autofahrer will die Ruhrbahn den Fünf-Minuten-Takt auf einigen Linien bewerben, der ab 10. Juni startet.
Wenn die Klima-Bewegung es ernst meint, dann ist die Zeit für einen Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr so günstig wie nie. Um dem Trend mehr Schwung zu verleihen, hat die Ruhrbahn nun ihre Werbekampagne gestartet, die ganz auf das Thema Verkehrswende setzt. Begleitet werden soll mit den flotten Sprüchen auch der Fahrplanwechsel, der auf einigen Buslinien eine Verdichtung des Taktes bringen wird.
Ab Montag, 10. Juni, wird für die Schnellbusse der Linie SB 15 von Burgaltendorf zum Hauptbahnhof in der Hauptverkehrszeit ein Fünf-Minuten-Takt eingeführt, ebenso für die Linien 146, 169 und 170 sowie die Straßenbahnlinie 103. Im dichteren Takt fahren künftig auch die Busse der Linie 160/161. „Wenn mehr Autofahrer umsteigen sollen, dann muss das Angebot verbessert werden“, sagt Umweltdezernentin Simone Raskob.
Auch im moralischen Sinne auf der richtigen Seite
Im ersten Teil ihrer Kampagne will die Ruhrbahn die Themen Klimaschutz und Luftreinhaltung aufgreifen und mit plakativen Botschaften unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. „Ich will den Wandel“, „Wer Bio kauft, kann Bio fahren“ oder „Für die Zukunft meiner Enkel“ – so werden einige Beweggründe umrissen. Der Bus- und Bahn-Kunde soll das Gefühl bekommen, auch im moralischen Sinne auf der richtigen Seite zu stehen.
Im Stadtbild soll die Werbung unübersehbar sein: Zwei riesige Megaposter in der Innenstadt, LED-Flächen und City-Light-Poster an Haltestellen, Postkarten, Radiospot und Videos – die Ruhrbahn will klotzen. Die Konzeption und zu großen Teilen auch die Produktion der Kampagne habe die Ruhrbahn intern geleistet, so Ruhrbahn-Vorstand Michael Feller. Finanziert wird die Werbung aus den Mitteln, die der Bund für die fünf Modellstädte („Lead Cities“) zur Luftreinhaltung bereitgestellt hat. Essen ist eine davon. Insgesamt stehen allein für die Werbung 500.000 Euro zur Verfügung.
Dass den Worten auch Taten folgen, dafür sieht sich die Ruhrbahn gut vorbereitet. „Der Verkauf der vergünstigten Ruhrbahn-Tickets läuft erfolgreich, die für die Angebotsausweitung benötigten Fahrer sind eingestellt und die zusätzlichen Busse sind eingetroffen.“, so Feller.
Gezielte Informationen für Anwohner, die an den taktverdichteten Linien leben
Mülheim kippt vorerst Ruhrbahn-Sparpläne
Das von Ruhrbahn und Mülheimer Stadtverwaltung vorgelegte ÖPNV-Sparpaket, mit dem 30 Prozent des Angebots und sieben Millionen Euro in der Nachbarstadt eingespart werden sollten, ist zunächst vom Tisch. CDU und Grüne sehen in dem Entwurf nicht einmal eine Diskussionsgrundlage. Sie beantragen ein komplett neues Konzept, das Einsparungen nicht nur zulasten der Fahrgäste beinhalten soll. Die Einschnitte im Straßenbahnverkehr und bei den Takten hatten für Empörung gesorgt – auch in Essen. Über das gemeinsame Ruhrbahn-Unternehmen ist man mit Mülheim verbunden
In der zweiten Stufe der Kampagne, die Ende August ausgerollt wird, soll dann gezielt auf die Angebotsverbesserung durch den dichteren Takt auf sechs Linien hingewiesen werden. Mit Bannern und Plakaten an Brücken, Haltestellen und Gebäuden will die Ruhrbahn dann entlang den Linien werben, die einen verbesserten Takt erhalten. Darüber hinaus sollen Anwohner entlang der Strecken, auf denen künftig deutlich mehr Busse verkehren, gezielt Informationen erhalten.
Alles in allem handele es sich um die größte Werbekampagne in der Geschichte des Essener Nahverkehrs. Gut angelegtes Geld, glaubt Simone Raskob: „Das Wichtigste ist, dass die Bürgerinnen und Bürger von den neuen Angeboten erfahren und diese auch annehmen, deshalb ist die Kommunikation ein wichtiger Bestandteil im Rahmen des Lead-City-Projektes.“ Flankiert werden sollen die neuen Angebote mit einem Ausbau der Fahrradinfrastruktur.
Noch viel ungenutztes Potenzial in Richtung Neukunden
Umfragen zufolge habe der öffentliche Nahverkehr noch viel ungenutztes Potenzial für neue Kunden. Allerdings reicht das Geld für die Angebotsausweitung nur bis Ende 2020. Sollte es keine Anschlussfinanzierung geben, muss das Angebot, mit dem nunmehr so stark geworben wird, wieder zurückgefahren werden. Dann würden gerade die Kunden verprellt, die derzeit mit großem Aufwand gewonnen werden – und die man natürlich dauerhaft als Stammkunden halten will.
Deshalb bestehe schon jetzt Diskussionsbedarf darüber, wie es im Jahr 2021 weitergehen soll, sagte Michael Feller bereits vor einigen Wochen auf Anfrage dieser Redaktion. Zu warnen sei vor den Folgen einer erneuten Verschlechterung: „Eine Verkehrswende wird nur eintreten, wenn das Angebot stimmt.“ Ansonsten stiegen Autofahrer nicht um.