Essen. Der IT-Spezialist Atos steht vor einem großen Umbau. Die Gewerkschaft wirft dem Arbeitgeber vor, dies auf dem Rücken der Belegschaft auszutragen.

Beim IT-Spezialisten Atos herrscht seit Wochen Unruhe. Das Unternehmen steht vor einem großen Umbau, dem auch Arbeitsplätze zum Opfer fallen sollen. Die IG Metall spricht bundesweit von 1600 Jobs, die entweder abgebaut oder durch Auslagerung wegfallen könnten. Essen wäre davon wohl stark betroffen. Denn etwa 60 Prozent der 600 Arbeitsplätze am Standort hier gehören zu dem betroffenen Geschäftsbereich IDM.

Dieser Bereich, der insgesamt 3800 Mitarbeiter bundesweit zählt, kümmert sich um hardwarenahe Dienstleistungen wie Serverwartung etc. Dieser schwächelt. Das erkennt auch die IG Metall an. Allerdings wirft sie dem Arbeitgeber vor, den Transformationsprozess auf dem Rücken der Belegschaft abwickeln zu wollen. „Das machen wir nicht mit“, sagt auch Martin Hüppe vom Betriebsrat, der gleichzeitig zur IG-Metall-Verhandlungskommission gehört, die an diesem Mittwoch erneut in München tagt. Mit einem Ergebnis rechnet die Gewerkschaft nicht. Zu weit liegen die Vorstellungen offenbar noch auseinander.

Die IG Metall bringt vor allem auf den Baum, dass die Belegschaft für den Umbau mitzahlen soll. Unter anderem fordere die Geschäftsleitung einen befristeten Gehaltsverzicht, eine zeitweise Reduzierung des 13. Monatsgehaltes. Außerdem sollen die Tarifergebnisse in Zukunft nur noch zu 70 Prozent weitergegeben werden. Unterm Strich könnte dies auf eine Kürzung des Jahresgehaltes um bis zu zehn Prozent hinauslaufen, heißt es. „Das geht gar nicht“, sagt der Essener Gewerkschaftssekretär Alfons Rüther. Er fordert, dass auch die Shareholder mit ins Boot genommen werden. Stattdessen aber, so Rüther, stelle Atos den Aktionären eine Erhöhung der Dividende bis 2021 auf fast 1,90 Euro pro Aktie in Aussicht. 2017 schüttete Atos 1,70 Euro aus. „Die IT-Mitarbeiter lassen sich nicht vor einen Karren spannen, indem sie die Zeche für steigende Dividendenzusagen mit Gehaltsverzicht oder Arbeitsplatzverlust bezahlen“, so Rüther.

IG Metall wirft Atos Versäumnisse bei der Schulung der Mitarbeiter vor

In einer internen Mail an die Belegschaft begründet das Management den anstehenden Umbau unter anderem so: „Viele der bislang erbrachten Leistungen lassen sich am Markt nicht mehr oder nur zu sehr schlechten Margen platzieren.“ Weiter heißt es, dass neue Themen wie künstliche Intelligenz, Robotik oder Cloud-Computing nachgefragt würden und herkömmliche Leistungen ersetzen. „Das erfordert auch von uns als Atos Deutschland die Entwicklung hin zu wachsender digitaler Produktivität und agiler Zusammenarbeit, um unser Geschäft auf die künftigen Wachstumstreiber zu fokussieren.“

Die IG Metall wirft dem Arbeitgeber hierbei allerdings schwere Versäumnisse in der Vergangenheit vor. Jahrelang habe es Atos versäumt, die Belegschaft fortzubilden und wundere sich nun, dass die Leistungen am Markt nicht mehr gefragt sind, heißt es. Der Arbeitgeber solle daher den Umbau und die anstehenden Umschulungen für den verbleibenden Teil der Belegschaft selbst bezahlen, weil er ihn selbst verschuldet habe. Die Gewerkschaft fordert darüber hinaus eine Beschäftigungssicherung für mindestens fünf Jahre. Außerdem will sie erreichen, dass der Betriebsrat bei den Fortbildungen und den künftigen Einsatzorten ein Mitspracherecht erhält. Alfons Rüther schließt, sollte es zu keiner Einigung kommen, Warnstreiks in den kommenden Wochen am Essener Standort in Rüttenscheid nicht aus.