Essen. Nach der Festnahme des zweiten Schwerverbrechers Michalski sind die Anwohner des Schuirwegs in Werden erleichtert. Dort hatten die Ausbrecher am Samstag zwei Geiseln genommen. "Es gibt keine heile Welt. Auch hier bei uns nicht" - diese Einsicht hat die Bürger getroffen.
Jemand hat Blumen abgestellt, als Zeichen des Trostes und der Betroffenheit. Vor der Haustür am Schuirweg Nummer 14 in Werden stehen zwei Sträuße, noch eingepackt in Papier. Ein ockerfarbener Umschlag steckt darin, jemand hat mit Füllfederhalter darauf geschrieben: „Für Peter und Renate“.
Hier hatten die Ausbrecher am Samstagmorgen geklingelt und anschließend rund neun Stunden das Paar in seiner eigenen Wohnung festgehalten.Mit besonderer Erleichterung haben die Anwohner des Schuirwegs jetzt die Nachricht von der Festnahme Peter Paul Michalskis aufgenommen.
„Ich kriege jetzt noch Gänsehaut"
Gegenüber von Haus Nummer 14 geht vom Schuirweg der Rotherweg ab. Dort wohnt Birgit Horn (50) mit ihrer Familie. „Ich kriege jetzt noch Gänsehaut“, sagt sie. „Denn ich bin mir sicher, dass die Kerle auch bei uns im Garten waren.“ In der Nacht auf Samstag habe sie plötzlich Geräusche draußen vor dem Schlafzimmer gehört. „
Jemand muss an die Gartenmöbel gestoßen sein. Da hab’ ich sofort an die beiden Ausbrecher gedacht.“ Sie traute sich aber nicht, aufzustehen, denn: „In unserem Flur ist ein Bewegungsmelder, das Licht geht automatisch an. Dann hätten die Ausbrecher gewusst, dass bei uns jemand zu Hause ist.“
Fußabdruck im Blumenbeet
Die Bild-Zeitung veröffentlichte gestern Auszüge aus dem Vernehmungsprotokoll von Michael Heckhoff. Der Gangster war am Sonntag in Mülheim festgenommen worden. Heckhoff und Michalski waren am Freitagabend von Kettwig aus in Richtung Werden gegangen, hatten laut Protokoll die Nacht in einem Schrebergarten verbracht und dann, am Samstagmorgen um acht Uhr, am Schuirweg gesehen, „dass in einer Villa eine Frau das Fenster aufgemacht hat. Da ist Paul dann rein. Ich stand Schmiere. Dann hat mir der Mann die Tür aufgemacht und mich reingelassen.“
Nachbarin Birgit Horn verweist auf einen großen Fußabdruck im Blumenbeet ihres Gartens: „Der war vorher noch nicht da.“ Sie schätzt, dass die Geiselgangster überlegten, sich in ihrem Garten zu verstecken - ein Teil der Terrasse ist überdacht. „Das ist doch ideal, wenn einen die Hubschrauber suchen.“ Der Garten ist über einen Fußweg von der Ruhrtalstraße aus zu erreichen. „Seit dieser Nacht machen wir jetzt immer alle unsere Rollos herunter.“
"Es gibt keine heile Welt"
Im Vernehmungsprotokoll heißt es weiter über die Geiselnahme des Ehepaares am Schuirweg: „Die wussten auch schon, wer wir sind. Wir haben denen klargemacht, dass sie keine Angst vor uns haben müssen. Wir durften dann bei denen duschen und fernsehen. Der Mann hat uns auch noch was gekocht.“ Gegen fünf Uhr am Nachmittag seien die Gangster dann mit dem Ehepaar in ihrem BMW aufgebrochen in Richtung Mülheim. Dort wurde das Auto später gefunden.
Nachbarin Birgit Horn findet es „besonders erschreckend“, dass man von den dramatischen Geschehnissen in der direkten Nachbarschaft rein gar nichts mitbekommen habe. Und Anwohner Sascha Hoffmann (32), der in Haus Nummer 20 wohnt, sagt: „Ich bin erleichtert, dass die Verbrecher geschnappt wurden. Das geht sicherlich jedem so.“ Noch bis Montagabend habe die Polizei in Zivil Wache geschoben. Hoffmann nimmt seine Autoschlüssel und schließt die Tür seines Wagens auf: „Es gibt keine heile Welt. Auch hier bei uns nicht.“