Essen. Am Essener Hauptbahnhof wurde am Dienstag die nächste Folge des Krimis "Lutter" gedreht - großes Kino. So mancher Fahrgast fühlte sich in den vergangenen Wochen auf der Großbaustelle eher im falschen Film. Am 21. Dezember soll mit der Eröffnung die letzte Klappe für die Bahnhofshalle fallen.

Die haben’s gut beim Film. Drei Mal fällt die Klappe. Drei Mal steigen Statisten aus dem ICE mit der Nummer 629 aus, drei Mal geht Hauptdarsteller Joachim Król auf eine der Reisenden zu und wechselt mit der jungen Frau ein paar Worte. Irgendwann, nach dem x-ten Versuch, ist die Szene im Kasten.

An Gleis 2 drehten sie am Dienstag die nächste Folge der Krimi-Serie „Lutter“, der „neue“ Hauptbahnhof diente als Filmkulisse. Im wahren Leben wähnte sich dort so mancher Reisende in den vergangenen Monaten eher im falschen Film. Umwege, Gleiswechsel - wer einer Großbaustelle etwas abgewinnen kann, für den ist das großes Kino. Für alle anderen ist einfach nur lästig.

Die „Dreharbeiten“ aber laufen, die Bahn führt Regie, und anders als bei „Lutter“ können die Verantwortlichen nicht jede Szene so oft wiederholen, bis es passt. Die Zeit drängt. Die Premiere ist terminiert.

Der erste Eindruck

Bislang spricht nicht viel dafür, dass die Öffentlichkeit der Bahn dafür einen roten Teppich ausrollt. Was bislang zu sehen ist vom neuen Bahnhof, hat - um im Bild zu bleiben - kaum B-Movie-Qualität; der Teerbelag auf den Bahnsteigen wirkt hingehuscht. Auch die Bahn sei damit nicht glücklich, lautet die offizielle Sprachregelung. Hinter den Kulissen dürften bald Juristen die Hauptrollen spielen.

Was den Bahnhof angeht - kritische Stimmen meinen, für die Bahn sei der Zug damit bereits abgefahren. Wie heißt es doch so schön: Der erste Eindruck zählt.

Betrachten wir die Bahnsteige als Vorspann, der enttäuscht, dann gewinnt der Umbau im Hauptteil an Qualität. Die Bahnhofshalle kann sich jedenfalls sehen lassen, so der erste Eindruck Die kernsanierte Halle wird zwar kein Remake des erfolgreichen 50er-Jahre-Klassikers, sie wirkt aber aufgeräumter als die verspielte 80er-Jahre-Version mit ihren verschachtelten Ladenlokalen und Imbissbuden.

Hinein in den Bahnhof geht es künftig durch gläserne Schiebetüren, vier sind’s an der Nordseite, zwei im Süden. Ob das nicht ein Gedränge gibt? Die Bahn sagt: „nein“.

Gradlinig hinter Glas

In der Halle fügt sich Geschäft an Geschäft, zu beiden Seiten gradlinig hinter einer Glasfassade, in die sich auch die vier Aufzüge zu den Bahnsteigen einfügen - so dezent, dass sie noch „optisch hervorgehoben“ werden.

Die nackte Verkaufsfläche summiert sich künftig auf 5700 Quadratmeter, 1100 Quadratmeter davon nimmt der Supermarkt in der ehemaligen Gepäckaufbewahrung ein. 5100 Quadratmeter misst die übrige begehbare Fläche - so viel wie vor dem Umbau. Der Eindruck von Raum und Tiefe setzt sich aber fort bis auf den Bahnhofsvorplatz am Nordausgang, dafür sorgen die Lämpchen unter der hellen Decke.

Noch ist der Bahnhof eine Baustelle. Fliesenleger und Elektriker sind am Werk, die Mieter haben mit dem Ausbau der 34 Ladenlokale begonnen. Im Schnellrestaurant schrauben sie noch an der Deckenverkleidung, im Drogeriemarkt verlegen sie Linoleum, im Schuhladen liegt Parkett.

Zugang bleibt ein Provisorium

Wüst sieht es jenseits der Türschwelle am Südausgang aus. So viel steht fest: Der Zugang bleibt auch nach der Eröffnung der Bahnhofshalle ein Provisorium. Einen Nachspann wird’s also geben. Das gilt auch für den Osttunnel und damit für den Aufzug zu Gleis 21/22. Bis April dürfte an dem schmalen Durchgang noch gearbeitet werden, heißt es. Denn der Tunnel wird erst gesperrt, wenn die Halle fertig ist.

Auch für eine Fortsetzungsgeschichte ist das Drehbuch schon geschrieben: Die versprochene Reinigung der Außenfassade sei nicht mehr drin und eine technische Herausforderung zudem. Ob und wenn ja, wann sie nachgeholt wird? Die Regie sagt dazu nichts. Nur soviel: Am 21. Dezember fällt für die Bahnhofshalle die letzte Klappe. Diesen Termin will die Bahn unbedingt halten. Dann entscheidet das Publikum, ob es Applaus gibt oder Buhrufe.