Essen. Die Zahl der Neuinfektionen mit Aids ist in Essen mit 40 Fällen stabil geblieben. Dennoch warnt die Aids-Hilfe, dass in der öffentlichen Wahrnehmung die Bedrohung schwindet. Zudem sei mehr Prävention notwendig - doch es gibt schlichtweg zu wenige Sozialarbeiter für Aufklärung und Vorbeugung.

Wenn sich am Montagabend zum Welt-Aids-Tag am Burgplatz Freunde, Verwandte oder entfernte Bekannte von Menschen versammeln, die in den vergangenen Jahren an den Folgen der Immunschwächekrankheit gestorben sind, gelten ihre Gedanken wohl auch jenen, die sich in diesem Jahr mit dem tückischen Virus infiziert haben. Denn soviel ist sicher: Auch sie werden deshalb früher oder später sterben. „HIV verläuft immer tödlich“, unterstreicht Hans-Peter Hackbarth von der Aids-Hilfe Essen.

40 Menschen haben sich nach den Angaben der Aids-Hilfe in diesem Jahr in Essen mit Aids infiziert. Die Zahl der Neuinfektionen sei damit im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben, so Hackbarth. Dies allein sei aus Sicht der Aids-Hilfe als positiv zu bewerten. Zur Erinnerung: Es ist nicht lange her, dass die Neuinfektionen sprunghaft anstiegen - vom Jahr 2004 auf 2005 um sage und schreibe 30 Prozent. „Offenbar haben die präventiven Bemühungen dazu beigetragen, das Niveau zumindest zu halten“, so Hackbarth.

Rund 2800 Infizierte

Rund 2800 Menschen in Essen leben inzwischen mit Aids. Neue Medikamente und verbesserte Therapien tragen dazu bei, dass sich ihre Lebenserwartung verlängert. „Menschen mit HIV werden älter“, berichtet Hackbarth. Die Folge: „Wir haben es mit anderen Krankheitsbildern zu tun als früher.“ Menschen mit Aids erkranken an Krebs, leiden an Herzmuskelschwäche oder an Demenz.

Auch wenn Medikamente oder das Virus selbst die Krankheit ausgelöst haben, werde das Sterben anders wahrgenommen. Aids verschwindet dadurch aus dem öffentlichen Bewusstsein. „Das macht uns große Sorgen“, so Hackbarth.

70 Prozent der Neuinfektionen bei Homosexuellen

Sorgen bereitet der Aids-Hilfe aber auch eine Gruppe, die in der öffentlichen Wahrnehmung als erste mit der Bedrohung durch Aids konfrontiert wurde: Homosexuelle. 70 Prozent der Neuinfektionen entfallen auf diese Gruppe. Vor allem bei älteren Schwulen beobachtet Klaus-Peter Hackbarth „eine gewisse Nachlässigkeit“. Nicht selten seien es Männer, die in den 80er und 90er Jahren ganze Freundeskreise durch Aids verloren haben. „Sie sehen keinen Sinn mehr im Leben“.

Hackbarths Fazit: Betreuung sei nach wie vor unabdingbar, aber: „Wir brauchen auch mehr Prävention.“ Doch gerade da beklagt die Aids-Hilfe ein Missverhältnis. Zehn Sozialarbeiterstellen stünden gerade einmal 1,3 Stellen für Aufklärung und Vorbeugung gegenüber.