Essen. . Der geplante Bau einer Kita auf Ostermannplatz im Eltingviertel steht vor dem Aus. Anwohner hatten sich für den Erhalt des Platzes stark gemacht.
Der umstrittene Bau einer Kindertagesstätte im Eltingviertel am nördlichen Rand der Innenstadt steht unmittelbar vor dem Aus. Anwohner, die sich vehement für den Erhalt des von Platanen umsäumten Platzes stark machten, dürfen sich als Sieger fühlen. Auf der Verliererseite steht Vonovia. Seit mehr als einem Jahr wirbt das Wohnungsunternehmen für den Bau der Kindertagesstätte im mit Kita-Plätzen chronisch unterversorgten Eltingviertel – und steht brüskiert mit leeren Händen da: Die Geschichte eines Scheiterns.
Noch klammern sie sich bei Vonovia an den allerletzten Strohhalm. Als wollten sie es nicht wahrhaben. Sprecherin Bettina Benner verweist auf eine schriftliche Stellungnahme, die das Unternehmen beim städtischen Planungsamt eingereicht hat. Eine Antwort stehe noch aus.
Es ist das übliche Verfahren, wenn die Bauverwaltung den Antragsteller wissen lässt, dass eine erwünschte Baugenehmigung nicht erteilt wird.
Für Vonovia ist das, was nun droht, ein Schlag ein Kontor. Das Wohnungsunternehmen investiert Millionen in seinen Bestand im Eltingviertel. Lange Jahre in Vergessenheit, gilt das nördlich der Friedrich-Ebert-Straße gelegene Quartier mit seinen Innenhöfen und Gründerzeitfassaden längst als Vorzeigeobjekt. Städtebaulich wird dem bislang vernachlässigten Viertel allenthalben großes Potenzial bescheinigt, über kurz oder lang zu einer gefragten Wohnadresse zu werden.
An Kita-Plätzen aber herrscht heute bereits ein akuter Mangel. Daran wird sich nun so schnell nichts ändern.
Dabei hatten Vertreter von Vonovia doch den Eindruck gewonnen, sie würden bei der Stadt offene Türen einrennen, als sie Anfang 2018 mit ihrem Vorhaben im Planungsamt vorstellig wurden. Eine Bauvoranfrage zog Vonovia wieder zurück; wie es in der Planungsverwaltung heißt, stand die Erteilung eines positiven Entscheids unmittelbar bevor. Vonovia reichte stattdessen gleich einen Bauantrag ein – offenbar um Zeit zu gewinnen und im guten Glauben, dass alles glatt laufen wird mit der Genehmigung. „Sonst wären wir diesen Weg nicht gegangen“, sagt Vonovia-Regionalleiter Robert Stellmach. Das Wohnungsunternehmen ist Eigentümer des für eine Kita ausgeguckten Baugrundstückes. Und die Besitzer benachbarter Immobilien hatten laut Planungsamt keine Einwände gegen das Vorhaben vorgebracht.
Anwohner sammelten Hunderte Unterschriften gegen eine Bebauung
Anwohner aber sammelten Hunderte von Unterschriften, organisierten auch politischen Protest und trommelten lautstark für den Erhalt der „grünen Lunge“ im Eltingviertel. Wie es aussieht, mit Erfolg. Jene Bewohner des Eltingviertels aber, die sich eine Kita gewünscht hätten, weil sie händeringend einen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs suchen, stehen bedröppelt da. Die Suche nach alternativen Baugrundstücken zum Ostermannplatz war bislang nicht von Erfolg gekrönt. Das SOS Kinderdorf, potenzieller Betreiber der Kita, bleibt ebenso ratlos zurück.
Bei Vonovia dürften sie sich wie vor den Kopf gestoßen fühlen, auch wenn sie das nicht zugeben würden. Waren die Verantwortlichen zu blauäugig? Oder wurden bei den Vorgesprächen im Planungsamt vorschnelle Erwartungen geweckt? Nach Angaben der Verwaltung sprechen planungsrechtliche Gründe gegen die Erteilung einer Baugenehmigung. Der gültige Bebauungsplan sieht auf dem Ostermannplatz eine private Grünfläche vor. Als solche wird der Platz seit Jahrzehnten genutzt. Die Stadt hat die Fläche gepachtet und dort einen Spiel- und einen Bolzplatz eingerichtet. Um den Bau einer Kita zu ermöglichen, müsste die Stadt eine Befreiung von den Vorgaben des Bebauungsplanes erteilen.
Grün und Gruga hält die Grünfläche auf dem Ostermannplatz für unverzichtbar
„Städtebaulich halten wir eine Kita auf dem Ostermannplatz für vertretbar“, sagt Planungsamtsleiter Ronald Graf. Nur: Mit den „öffentlichen Belangen“ sei eine Kindertagesstätte dort nicht vereinbar; Grün und Gruga halte die Grünfläche für unverzichtbar. Das gilt für die schönen, alten Platanen, aber mehr noch für den Spiel- und Bolzplatz.
Planungs- und Bauverwaltung sind organisatorisch bekanntermaßen getrennt. Letztere gehört zum Zuständigkeitsbereich der städtischen Beigeordneten Simone Raskob, die auch Grün und Gruga verantwortet. Raskob ist parteilos, steht aber politisch den Grünen nahe, die sich für den Erhalt des Ostermannplatzes einsetzen. Dort machte sich die Dezernentin anlässlich einer Baustellen-Radtour persönlich ein Bild vor Ort.
Ob es Vonovia gelingt, die Vorbehalte von Grün und Gruga gegen die Erteilung einer Baugenehmigung doch noch auszuräumen, bleibt abzuwarten. Zweifel sind angebracht. Den Pachtvertrag mit der Stadt für den Spiel- und den Bolzplatz auf dem Ostermannplatz hat Vonovia zum 30. Juni gekündigt. Die dort befindlichen Spielgeräte und Aufbauten seien bis dahin von der Stadt zu demontieren.
Die Kündigung des Pachtvertrages solle „neue Wege“ für den Kita-Bau eröffnen, sagt Bettina Benner. Welche Wege auch immer das sein könnten. Sollte es bei der Kündigung bleiben, wären Spiel- und Bolzplatz, die Grün und Gruga unverzichtbar nennt, weg. Dass der Platz als „Sicherungsmaßnahme“ eingezäunt wird, will die Vonovia-Sprecherin nicht ausschließen.
>> DIE SUCHE NACH ALTERNATIVEN
Auf Anfrage der Linken nach möglichen Alternative hat das Planungsamt vier Grundstücke genannt, drei von sind allerdings ganz oder teilweise in Privatbesitz. Zwei Grundstücke liegen an Hauptverkehrsstraßen.
Die Versorgungsquote mit Kita-Plätzen liegt im Nordviertel bei nur 16,5 Prozent.