Essen. . Museum Folkwang präsentiert die erste Einzelausstellung von Marge Monko in Deutschland: „Diamonds Against Stones“ zeigt Foto- und Videoarbeiten.

Die besten Freunde der Frau haben ein wenig an Glanz verloren. Lange ein schillerndes Versprechen von ewiger Liebe und Treue, muss der Diamant als einst so sicheres Verlobungs-Investment inzwischen neue Zielgruppe erreichen – als Luxus für die emanzipierte Frau. Für Marge Monko sind die kostbaren Klunker in ihrer aktuellen Video-Arbeit „Women Of The World, Raise Your Right Hand“ ohnehin nur ein probates Objekt zur Befragung von Rollenbildern. Im Museum Folkwang zeigt die estnische Künstlerin nun ihre erste Einzelausstellung in Deutschland. Mit „Diamonds Against Stones“ präsentiert sich die 42-Jährige als Ethnografin des Geschlechterverhältnisses, die manchmal auch an goldenen Armbanduhren ablesen lässt, was dieser auf Konsum und Statussymbole ausgerichteten Welt gerade die Stunde geschlagen hat.

 Die Strumpfverpackung als Motiv: Marge Monko vor ihren „Untitled Photograms“
 Die Strumpfverpackung als Motiv: Marge Monko vor ihren „Untitled Photograms“ © Kaufmann

Die von Thomas Seelig, Leiter der Fotografischen Sammlung, kuratierte Schau beginnt allerdings nicht mit glitzernden Steinen, sondern mit einer geballten Faust. Mit dem Selbstporträt „I Don’t Eat Flowers“ greift Monko einen Plakatentwurf des Amerikaners Howard Miller auf, dessen bekanntes Arbeiterfrauen-Motiv mit dem entschlossenen „We Can Do It!“-Slogan seine gesellschaftspolitische Bedeutung längst an die Verwertungskette bunter Postkartenstände verloren hat. In Monkos Version wird der Ausruf wieder inhaltlich aufgeladen. Die Selbstinszenierung vor einer stillgelegten Fabrik richtet sich gegen die Konvention, von Männern am Weltfrauentag Blumen überreicht zu bekommen. Die historische Foto-Serie „8 Hours“ über Arbeiterinnen in einer Strumpffabrik in Tallinn, die Monko mit feministischen Parolen wie „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ versehen hat, muss man dabei im Zusammenhang sehen. Hier treffen mit der Produktion der hauchzarter Nylons die Versprechen von Schönheit und Luxus auf den Kampf um Gleichheit und Anerkennung.

Komposition mit Katzenauge: Eine Arbeit aus der Serie „Ten Past Ten“ von Marge Monko im Museum Folkwang.
Komposition mit Katzenauge: Eine Arbeit aus der Serie „Ten Past Ten“ von Marge Monko im Museum Folkwang. © Marge Monko

Vieles, was Monko zeigt, lässt sich auch im Rückblick auf ihre eigene Jugend im Sozialismus lesen. Auf die einstige Abwesenheit von Konsumgütern reagiert die 42-Jährige heute mit hintergründiger Befragung von Werbe-Codes und Kaufanreizen. Eine Schaufenster-Installation, angefüllt mit Diamanten, archaischen Steinen und einer digitalen Verhütungs-App, funktioniert so auch wie eine museale Zeitmaschine weiblicher Selbstermächtigung. Auf Ebay gefundene bunte Werbebildchen aus den 1970ern und 80ern, die Monko durch den gewählten Ausschnitt und eine bestimmte Faltung neu in Szene setzt, sind Grundlage ihrer Arbeit „Ten Past Ten“. Unterschiedlich große Ziffernblätter und Uhrenarmbänder an Frauen- und Männerarmen funktionieren da als Zeichen von ungleichen Macht- und Besitzverhältnissen. Und überführen diese auf den ersten Blick etwas überholt wirkenden Bildwelten in eine zeitgemäße Genderdebatte mit Goldrand.

>>KURATORENFÜHRUNG & KÜNSTLERGESPRÄCH

  • Die Ausstellung „Diamonds Against Stones“ ist bis zum 5. Mai im Museum Folkwang, Museumsplatz, zu sehen. Öffnungszeiten: Di/Mi 10-18 Uhr, Do/Fr 10-20 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr. Im Eintritt von 5/erm. 3 Euro ist der Besuch der Emil Pirchan-Ausstellung eingeschlossen.
  • Öffentlich Führungen gibt es am 3., 17. und 31. März sowie am 14. und 28. April, jeweils 12 Uhr. Am 15. März, 18 Uhr, gibt es eine Kuratorenführung mit Thomas Seelig. Zum Künstlergespräch kommt Marge Monko am 25. April, 18 Uhr, nach Essen. Parallel zur Ausstellung ist ihre Außen-Installation „Die Frau von Heute“ am Jakob-Funke-Platz zu sehen.