Ruhrgebiet. . Ein Pflegefall trifft Angehörige oft unerwartet. Was nun? Wir erklären, welche Dinge wichtig sind, um die Betreuung zu organisieren.
Wenn die Eltern oder der Partner plötzlich zum Pflegefall werden, dann ist man selten darauf vorbereitet und steht oft ratlos vor der neuen Lebenssituation. Wie kann ich eine Pflegestufe beantragen? Welche Hilfe steht mir von Rechts wegen zu? Wie organisiere ich die Pflege? Welche Einrichtungen und Dienste gibt es? Welche Kosten entstehen? -- So lauten nur einige von vielen Fragen, die meist innerhalb kurzer Zeit beantwortet werden müssen.
Welche Schritte unternommen werden müssen, damit allen Beteiligten schnelle Hilfe widerfährt, erklärt die Essener Expertin Claudia Schröder. Die ausgebildete Krankenschwester und Pflegesachverständige befasst sich seit 30 Jahren mit dem Thema und hat sich einen professionellen Durchblick verschafft.
Im Krankenhaus hilft der Sozialdienst
Ihr erster Tipp ist mit der wichtigste: „Damit alles in geregelten Bahnen verläuft, sollte man sich gut auf den Besuch des Medizinischen Dienstes (MDK) der Pflegekasse vorbereiten. Dessen Gutachten ist letztendlich ausschlaggebend für eine Bewilligung der Pflegestufe“, erklärt Claudia Schröder. Dabei helfen lokale Beratungsbüros, die es in jeder Stadt gibt. Kassen bieten zwar auch Beratung an, aber kostenneutrale Stellen sind in der Regel die bessere Adresse.
Befindet sich der Angehörige noch im Krankenhaus, so wendet man sich an den dortigen Sozialdienst, der den Kontakt mit der Pflegekasse aufnimmt; dann kommt es noch in der Klinik zur Begutachtung durch den MDK. „Das ist allerdings nicht immer von Vorteil. Denn im Krankenhaus können nicht alle wichtigen Aspekte wie Mobilität oder Selbstversorgung bewertet werden. So kommt meist eine Pflegegrad heraus, der nicht der Realität entspricht,“, gibt die 62-Jährige zu bedenken.
Angehörige sollten bei einer Begutachtung dabei sein
Grundsätzlich sollten die Angehörigen darauf bestehen, bei der Begutachtung anwesend zu sein – egal, ob diese in den eigenen vier Wänden oder im Krankenzimmer stattfindet. Sonst folgt schon mal das böse Erwachen. „Ältere Menschen neigen dazu, ihre Situation zu verharmlosen.“
Schon vor dem ersten Besuch ist es hilfreich, ein Pflegeprotokoll anzufertigen, in dem man detaillierte Auskunft über die Situation des Pflegebedürftigen gibt. „Wichtig ist es auch, ärztliche Befunde und Krankenhausberichte dabei zu haben“, so Schröder. Ist die erste Hürde genommen, der Pflegegrad bestimmt, folgt die zweite: Welche Form der Pflege ist die Richtige? Kann der Angehörige in seinem Zuhause gepflegt werden? „Da sollte man sich und seine Kräfte realistisch einschätzen und bei Bedarf einen ambulanten Pflegedienst einschalten.“ Oder, wenn es gar nicht geht, einen Heimplatz suchen.
Gesetzlicher Betreuer kann helfen, wenn die Kinder in einer anderen Stadt wohnen
Wenn alles ganz schnell geht, die Klinik den Vater, die Mutter oder den Ehepartner schon nach ein paar Tagen entlässt, ohne dass ein Pflegegrad festgelegt wurde, kann das bei den Angehörigen Angst und Hilflosigkeit auslösen. „Braucht es aber nicht“, beruhigt Claudia Schröder. Zum einen gibt es die Möglichkeit der Kurzzeitpflege in einem Heim, zum anderen kann der Sozialdienst der Klinik die vorläufige Pflegebedürftigkeit feststellen – und damit die Kosten bis zur Begutachtung decken. „Auch eine geriatrische Rehamaßnahme kann dazu beitragen, dass man erst einmal etwas Luft schöpft und in Ruhe alles Weitere in die Wege leitet.“
Schwierig wird es, wenn zum Beispiel die Eltern mit der Situation überfordert sind, Tochter oder Sohn aber nicht in der gleichen Stadt leben. „Da macht es Sinn, langfristig einen gesetzlichen Betreuer einzuschalten, der sich zum Beispiel um alle Behördengänge kümmert.“ Auch das entlastet alle Betroffenen.