Essen. . Scheinbar Altbekanntes klingt frisch und neu: Sir András Schiff und die Cappella Andrea Barca in der Essener Philharmonie.
Zwei Klavierkonzerte, eine Sinfonie: Die Konzertfolge ist ganz auf den Pianisten zugeschnitten. András Schiff kam mit der Cappella Andrea Barca in die Essener Philharmonie und huldigte einem seiner musikalischen Götter, Wolfgang Amadeus Mozart. Und unter seinen sensiblen Händen stieg der Gott vom Himmel und mischte sich unter die Menschen im nahezu vollbesetzten großen Saal.
Sir András lässt sich viel Zeit: Die langsame Einleitung der Es-Dur-Sinfonie Nr. 39 (KV 543) zerfällt. Dieses Adagio ist nicht nur, wie die zeitgenössische Kritik bemerkte, „pompös“. In ihm schillern auch irritierende, romantisch anmutende Momente: Don-Giovanni-Akkorde, geheimnisvolles Beben der Bässe, erst ab-, dann aufsteigende Violingirlanden, eine leise lauernde Überleitung zu einem typischen, nach oben strebenden Thema im schnelleren Allegro-Teil des ersten Satzes. Das ist alles formal wunderbar ausgewogen und dennoch geladen mit Stimmungen.
Man hört scheinbar Altbekanntes frisch und neu
Schiff ist auch der Dirigent: Er kostet die Musik aus und kann es sich leisten, denn er ist – wie als Pianist – ein Meister der Übergänge. Er legt Wert auf Klarheit, im zweiten Satz eher auf Eleganz als auf düstere As-Dur-Stimmungen, im Menuett auf die exquisit besetzten Bläser.
Als Pianist ist Schiff bei Mozart über alle Zweifel erhaben, musiziert mit abgeklärter Noblesse, nicht mit der schalkhaften Ausgelassenheit des Klischee-„Wolferl“. Der warme, nicht zur Glätte neigende Klang seines Bösendorfer-Flügels unterstützt im G-Dur-Konzert KV 453 den eher nach innen gekehrten Klang, der auf Schubert, Mendelssohn und John Field verweist. Im geistvollen Spiel mit den Bläsern herrscht reines Entzücken; die Finalsätze, auch des B-Dur-Konzerts KV 450, schenken sich Effekte, lassen aber Mozarts subtile Kompositions-Kunst hervortreten: Man hört scheinbar Altbekanntes frisch und neu. Unschlagbar!