Essen. . 40 Jahre Städtepartnerschaft Essen-Grenoble. Zum Jubiläum gibt’s eine Fotoschau und Tipps. Franzosen wollen auch Grüne Hauptstadt  Europas werden

Es gab einmal eine Zeit, da konnten Städtepartnerschaften nicht exotisch genug sein, galten die Kontakte in ferne Gefilde als Ausweis von Internationalität und Weltgewandtheit. In Zeiten wachsender Europa-Skepsis und Brexit-Debatte zeichnet sich jedoch ab, dass selbst zwischen Partnern auf wenigen hundert Kilometern Entfernung irgendwann wieder tiefe Gräben entstehen können.

Schon deshalb schaut man in diesem Jahr in Essen mit besonderer Aufmerksamkeit auf zwei europäische Partnerstädte, die seit Jahrzehnten für einen lebendigen Austausch stehen, nicht nur im schulischen Bereich, sondern auch auf wirtschaftlicher, kultureller und nicht zuletzt persönlicher Ebene. Neben dem englischen Sunderland, das seit 70 Jahren eine feste Verbindung ins Ruhrgebiet pflegt, ist das auch die französische Alpenstadt Grenoble.

Seit 40 Jahren währt inzwischen der Kontakt zwischen der Hauptstadt der Dauphiné und der Ruhrgebietsmetropole. Dass diese lokale Variante der viel gepriesenen deutsch-französischen Freundschaft auch in Zukunft gepflegt und weiter entwickelt werden muss, das findet nicht nur Michael Theisen von der städtischen Stabstelle für Internationale Beziehungen. Auch im Deutsch-Französischen Kulturzentrum an der Brigittastraße rüstet man sich für die Jubiläumsfeiern. Am Wochenende fällt dort der Startschuss. Mit einer Fotoausstellung, die den Ort auch für jene vorstellbar macht, die sich nicht mehr an die Olympischen Winterspiele 1968 erinnern.

Das Scheinwerferlicht von Olympia ist schon eine Weile erloschen. Gerade bemüht sich Grenoble um den Titel, Grüne Hauptstadt Europas zu werden. Und schon deshalb wird sich die französische Delegation am kommenden Wochenende in Essen – der Green Capital von 2017 – besonders intensiv umsehen. Fachkundige Tipps gibt es auch von Oberbürgermeister Thomas Kufen, der sich schon eine Woche später in die Geburtsstadt Stendahls aufmacht, um dort beim Neujahrsempfang zu sprechen. Ein schon seit Jahrzehnten gepflegter Erwachsenen-Austausch sorgt dann im Herbst noch einmal für Besuch aus Frankreich.

Knapp 900 Kilometer Entfernung liegen zwischen Essen und Grenoble. Und trotz der unterschiedlichen Lage – hier die Alpenstadt mit reizvoller Flusslage, dort die dicht besiedelte Ruhrgebiets-Stadt – gibt es Parallelen.

„Grenoble ist eine Stadt im Wandel, das verbindet uns“

Während sich Essen in den vergangenen Jahrzehnten vom Bergbau verabschieden musste, wurde Grenoble in den 1920ern mit dem „grauen Gold“, dem Zement, groß. Inzwischen ist die einstige Hochburg der Zementherstellung im Bereich der Kernenergie und Molekularbiologie gut aufgestellt. „Grenoble ist eine Stadt im Wandel, das verbindet uns“, sagt Theisen.

Längst sucht man Verbindungen auf allen Ebenen. Die Universitäten der Partnerstädte rücken über Erasmus zusammen. Über die Europaschulen will man Praktikumsplätze vermitteln. Die fest verankerten Kontakte vierer Essener Schulen sollen weiter gepflegt werden. Aber auch jenseits des klassischen Sprachkurs-Austauschs soll vor allem die Begegnung der Jugend gefördert werden. „Denn in Frankreich geht der Deutschunterricht zurück“, weiß Theisen.

„Ohne die lokale Ebene existiert keine deutsch-französische Freundschaft“

Dabei biete die französische Sprache auch hierzulande mit Blick auf die frankophone Nachbarschaft beste Jobaussichten. „Leute, die fließend französisch sprechen, werden von der Wirtschaft dringend gesucht. Das dringt jetzt durch“, sagt David Babin, Leiter des Deutsch-Französischen Kulturzentrums. Vorsichtshalber bietet das Haus am 22. Januar schon mal einen Crashkurs für Anfänger und einen Info-Nachmittag mit dem Junior-Botschafter des Deutsch-Französischen Jugendwerks, einem der wichtigsten Zuträger der Staaten-Freundschaft. Und die, da sind sich Theisen und Babin einig, funktioniere ohne die lokale Ebene nicht.

Ausstellung ist bis April zu sehen

Die Ausstellung „Grenoble, ville aux multiples facettes“ ist vom 19. Januar bis 15. April im Deutsch-Französischen Kulturzentrum, Brigittastraße 34 zu sehen. Eintritt frei.

Alle Bilder zeigen die Sicht von städtischen Fotografen auf ihre Heimatstadt Grenoble und präsentieren Besonderheiten.