Essen. Viele Senioren bestellen den Menüservice ab: Sie können sich die Mahlzeit nicht leisten. Nun werben die Malteser um Paten, die das Essen zahlen.
Es war ein Hilferuf, der fast nicht erkannt worden wäre. „Erst dachten wir, den Leuten schmeckt unser Essen nicht mehr“, sagt Rosemarie Engels, Diözesanoberin des Malteser Hilfsdienstes. Immer weniger Senioren hätten den Menüservice bestellt, der ihnen täglich ein warmes Essen bringt. „Dann merkten wir: Wenn jemand nur noch zwei Mal die Woche beliefert werden will, fehlt es an Geld. Die Menschen teilen sich die Mahlzeiten auf mehrere Tage auf.“ So sieht Altersarmut aus.
Zur Armut kommt oft die Isolation der alten Menschen
Um diese abzumildern, werben die Malteser jetzt um „Mahlzeiten-Paten“, die den Menüservice für einen bedürftigen Menschen einen Tag, eine Woche... ein Jahr finanzieren. Der Zonta Club Essen II übernimmt sogar für 25 Monate eine Patenschaft. „Weil wir dieses Jahr unser 25-jähriges Bestehen gefeiert haben“, wie Zonta-Präsidentin Dorothée Waechter erklärt. Der Club unterstützt in Essen diverse soziale Projekte und wollte schon länger helfen, die wachsende Altersarmut zu bekämpfen – zumal die meist weiblich ist. „Da sich viele der Seniorinnen scheuen, um etwas zu bitten, brauchten wir einen Partner, der den Kontakt zu den Frauen herstellt“, sagt Waechter. Den habe man in den Maltesern gefunden.
Die 4500 Euro, die der Zonta Club Essen II nun für die Mahlzeiten-Patenschaft ausgibt, sind dabei nur als Auftakt gedacht. Langfristig möchten die Zonta-Frauen auch etwas gegen die Vereinsamung tun, die oft mit der Armut im Alter einhergeht. „Wer kaum Geld hat, geht nicht mehr raus, kann sich Kino oder Theater nicht leisten. Auch Kultur würden wir gern sponsern.“
Ehrenamtliche können den Senioren Zeit schenken
Rosemarie Engels hofft auf eine langfristig angelegte Zusammenarbeit, zumal die Malteser gerade für die gesamte Diözese ein Konzept gegen Altersarmut erstellt haben. Dazu gehören auch Kulturpatenschaften, um soziale Isolation zu verhindern. Anderen Senioren sei mit dem Besuch von Frisör oder Fußpfleger geholfen.
„Bei allen schönen Ideen: Die größte Hürde ist die Scham“, betont der Bezirksgeschäftsführer der Malteser, Thomas Hanschen. Auch fürchteten viele Senioren, dass ihre Kinder finanziell herangezogen werden, wenn sie Hilfe beanspruchten. Die Malteser setzten daher auf eine „aufsuchende Beratung“. Daneben schwebe ihm ein anonymes Servicetelefon vor, über das sich Betroffene erstmal informieren könnten.
Wer versteckte Armut bekämpfen wolle, müsse behutsam vorgehen. Aus Respekt vor den Gefühlen der Betroffenen und wegen des Datenschutzes. Um die Menschen besser zu erreichen, wolle man daher in den Stadtteilen aktiver werden und bekannte Träger vor Ort vernetzen. „Wir wollen auch Ehrenamtliche einsetzen, die gern Zeit schenken möchten“, sagt Rosemarie Engels.
101-Jährige rief Heiligabend den Notruf: aus Einsamkeit
Gute Erfahrungen habe man mit jungen Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr und im Bundesfreiwilligendienst gemacht, ergänzt Hanschen. Er sei übrigens selbst während seiner Zivildienstzeit zu den Maltesern gestoßen: Zu Heiligabend vor 20 Jahren wurde er über den Hausnotruf zu einer 101-Jährigen gerufen: Ihr gehe es schlecht.
„Das war ein Notruf aus Einsamkeit“, sagt er. Die betagte Frau hatte all ihre Kinder überlebt und haderte nun mit dem tristen Weihnachtsabend. „Wo ihr Weihnachten doch so wichtig war.“ Drei Stunden blieb Hanschen bei ihr, kam verspätet zum Fest bei seinen Eltern. Die sahen ihm die gut begründete Verspätung nach. Und der junge Wirtschaftsinformatiker hatte eine neue Berufung gefunden.
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Viele Senioren können sich Menüservice oder Lieferdienst nicht leisten. Damit sie ein warmes Essen erhalten, bieten die Malteser Mahlzeiten-Patenschaften an: Mit 6 Euro sorgt der Spender für ein Mittagessen,
42 Euro reichen für eine Woche, 168 Euro für einen Monat. Beinahe 90 Prozent der Bezieher der kostenlosen Essen sind Frauen.
Der Zonta Club Essen II engagiert sich gegen Altersarmut bei Frauen: Der Club hat daher zu seinem 25-jährigen Bestehen 4500 Euro gespendet und finanziert damit 25 Monate lang eine Mahlzeiten-Patenschaft. Der weltweit vertretene Zonta Club ist überparteilich, überkonfessionell und weltanschaulich neutral. Im Zonta Club haben sich berufstätige Frauen in verantwortungsvollen Positionen zusammengeschlossen, um die soziale, wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Frau weltweit zu fördern.