Essen. In der Essener Einhorn-Apotheke herrscht freudiger Ausnahmezustand: Der Wunschbaum für Senioren lockt weiter Menschen an, die helfen möchten.
Es ist eine spontane Weihnachtsaktion, die sich zu einem echten Weihnachtswunder entwickelt hat: Der Wunschbaum für Senioren, der in der Einhorn-Apotheke gegenüber der Marktkirche in der Essener Innenstadt steht, hat einen Nerv getroffen. „Sie können sich nicht vorstellen, was hier am Samstag los war: In einer Stunde waren alle Wunschzettel vergeben“, sagt Apothekerin Birte Barleben.
Sogar Leute aus Nachbarstädten seien angereist, um bedürftigen Senioren Wünsche wie eine Mütze, ein Duschgel oder eine Topfblume zu erfüllen. Viele seien noch am selben Tag wiedergekommen, um die liebevoll verpackten Geschenke abzugeben, die bis Heiligabend an die Adressaten verteilt werden sollen. „Wir sind überwältigt“, sagt Claudia Mandrysch, Geschäftsführerin der CSE. Das ist die gemeinsame Gesellschaft von Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen, die über ihre sechs Pflegezentren gut 1200 Senioren in Essen betreut.
Senioren wünschen sich warme Socken, Handtücher oder Haargummis
„Unsere Mitarbeiter erleben die Realität vieler alter Menschen, die isoliert leben und ganz kleine Wünsche haben“, sagt Mandrysch. So ersann sie mit Tanja Rutkowski, die den Fachbereich Pflege und Gesundheit leitet, den Wunschbaum. Während sich einige Senioren warme Socken, Handtücher oder Haargummis wünschten, mochten andere gar keinen Wunsch äußern. „Das ist die Nachkriegsgeneration, die niemandem zu Last fallen will“, erklärt Tanja Rutkowski. Darum wollen sie diesen zurückhaltenden Senioren nun mit Überraschungs-Paketen eine Freude machen: Wer mag, besorgt eine Kleinigkeit und bringt sie bis zum 20. Dezember in die Einhorn-Apotheke (Markt 5, Essen).
Das Angebot werde begeistert angenommen, erzählt Birte Barleben. Denn obwohl am Wunschbaum in ihrer Apotheke inzwischen steht, dass alle Wunschzettel vergeben sind, kommen immer noch viele Menschen, die gern helfen wollen. „Und das Telefon steht nicht still.“
Für die Einhorn-Angestellten bedeutet die Aktion Mehrarbeit, die sie aber strahlend erledigen. So werden unverpackt abgegebene Gaben vom Team in Weihnachtspapier gewickelt – oder Geldspenden weitergeleitet: „Eine Dame hat 200 Euro gespendet“, sagt Birte Barleben. Viele der Spender erzählten, wie sehr sie die Aktion berühre. „Da hatten wir schon mal Tränen in den Augen.“ Unter den Schenkenden seien junge Familien genauso wie ältere Menschen – oder Pflegekräfte.
Ein Besuch von Hund Leon würde viele alte Menschen erfreuen
„Auch unsere Pflegekräfte erleben durch die Aktion ja, warum sie diesen Beruf ergriffen haben: Weil sie sich kümmern, menschliche Beziehungen aufbauen wollen“, sagt Claudia Mandrysch. Im Arbeitsalltag müssten viel zu oft Minuten gezählt werden, weil es nur um Leistungen gehe, die abgerechnet werden können. Für Zuwendung bleibe wenig Zeit. Wie groß die Sehnsucht nach Wärme und Nähe ist, zeigt einer der Top-Wünsche: Viele Senioren möchten, dass Hund Leon sie einmal besucht, den sie aus dem Memory-Café der CSE kennen.
Man wolle das Weihnachtswunder fortschreiben, verspricht Claudia Mandrysch: Die Resonanz habe gezeigt, „wie sehr das Thema die Leute bewegt. Viele fühlen mit den alten Menschen und machen sich wohl Gedanken, wie ihr eigenes Alter einmal aussehen könnte“. Einige hätten angeboten, ältere Menschen ehrenamtlich zu begleiten. Die CSE will das möglich machen und hat dazu nun ein Formular entworfen, mit dem man sich für Besuche, Spaziergänge oder Vorlesen melden kann. „Die meisten Menschen, die wir betreuen, leben allein. Da geht es nicht allein um materielle, sondern oft um emotionale Armut.“
>>> CSE BRINGT EHRENAMTLICHE UND SENIOREN ZUSAMMEN
Eine 76-Jährige, die einen der letzten Wunschzettel erhielt, ist begeistert von der persönlichen Aktion. Dank Vornamen und Alter habe sie eine Vorstellung von der Dame und freue sich sehr, ihr einen Pyjama zu kaufen. „Ich finde, auch jede Pfarrgemeinde sollte so eine Aktion für alte Menschen machen.“ Wer Senioren ehrenamtlich helfen möchte, meldet sich bei der CSE (Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen). Sie betreut über ihre Pflegezentren gut 1200 Menschen. Ansprechpartnerin bei der CSE ist Nina Aust, die unter der Telefonnummer 0201- 31 93 75 127 zu erreichen ist. Oder per E-Mail: nina.aust@cse.ruhr