Essen. . Die Ev. Huyssens-Stiftung will Patienten die Hakenkreuze in ihrer Kapelle nicht länger zumuten. Doch an der geplanten Umgestaltung gibt’s Kritik.
Die geplante Umgestaltung der Krankenhauskapelle in der Evangelischen Huyssens-Stiftung in Huttrop hat für Irritation bis Unmut gesorgt. Der mit NS-Symbolen geschmückte Sakralraum sei ein Zeitzeugnis, das erhalten bleiben müsse, fordert etwa Johannes Gey-müller vom „Arbeitskreis Essen 2030“. Doch Klinik und Kirche halten daran fest, „dass der Raum so nicht erhalten bleiben kann“.
So hätten es die Gremien des Krankenhauses am Montag beschlossen, sagt Horst Defren, Geschäftsführer der Kliniken Essen Mitte (KEM). Er habe die Bedarfssituation der Klinik im Blick: „Wir haben keinen Bedarf an einer historischen Stätte oder einem Museum.“ Man benötige einen Rückzugsraum für Patienten, Besucher und Angestellte; für Gottesdienste, Meditation oder Musik. „Es kann nicht sein, dass Menschen nicht in die Kapelle gehen, weil da Hakenkreuze an der Decke sind.“
Ratsherr sieht die Kapelle als Gesamtkunstwerk
Kritiker merken an, dass die Klinik diesen Umstand nach Kriegsende sieben Jahrzehnte lang hingenommen habe. Johannes Geymüller etwa kennt die Kapelle selbst als Besucher: „Die Hakenkreuze sind der Hammer, aber nun alles einfach verschwinden zu lassen, ist der größere Hammer.“ Der Raum habe ein ungewöhnliches architektonisches Format. Und dass schon Mitte der 1930er Jahre ein Sakralbau mit NS-Symbolen ausgestaltet worden sei, halte er für deutschlandweit absolut einmalig.
Ähnlich sieht es Ratsherr Walter Wandtke (Grüne): In der evangelischen Kirche habe es zur NS-Zeit starke nationalistische Kräfte gegeben, die das Regime gestützt hätten. Die Kapelle liefere hierfür einen eindrucksvollen Beleg und sollte daher erhalten bleiben. Zumal sie mit Elementen wie dem vor Jahren abgenommenen Altar-Triptychon mit dem blonden Jesus „in gewisser Hinsicht ein Gesamtkunstwerk ist“. Bisher fehlten in dem Raum leider historische Hinweise, aber mit Info-Tafeln könne hier ein Gedenkort entstehen. „Es sollte ein Anliegen der Kirche sein, dass man das nicht ausradiert.“
Patienten sagten: „Ich fand es furchtbar, dort zu beten“
Die zuständige Superintendentin Marion Greve ist überrascht von der Forderung. „Ich kann eher verstehen, wenn Leute fragen, warum wir erst jetzt etwas tun.“ Ermutigt durch die Pläne zur Umgestaltung meldeten sich jetzt frühere Patienten und sagten zum Beispiel: „Ich fand es furchtbar, in der Kapelle zu beten, wo doch die Nationalsozialisten kranke und behinderte Menschen umgebracht haben.“
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Dass Kirche und Klinik die fragwürdige Gestaltung trotzdem lange ignoriert hätten, bestreitet Greve nicht. In den 1990er Jahren habe es dann aber eine Diskussion gegeben, die dazu geführt habe, dass zunächst das Altar-Bild verschwand. Über den weiteren Umgang mit der Kapelle habe man seither und in den vergangenen zwei Jahren intensiv diskutiert, sagt Greve, die dem Aufsichtsrat der Klinik angehört. „Es ist kein Zeichen kompletter Geschichtsvergessenheit, dass wir bisher nichts unternommen haben. Wir wissen auch, dass sich die evangelische Kirche während der NS-Zeit schuldig gemacht hat.“
Denkmalschützer wollen sich den Sakralbau ansehen
Sie habe indes auch die Patienten im Blick, denen sie den Anblick lebensfeindlicher Symbole ersparen wolle. „Eine Krankenhaus-Kapelle hat viele Funktionen, aber nicht die, als Mahnmal zu dienen.“ Absurd sei die Annahme, man wolle die Geschichte ausradieren „und so tun, als wäre da nichts gewesen“. Die Umgestaltung werde umfassend dokumentiert, die Dokumentation vor Ort präsentiert.
Wandtke und Geymüller dürfte das nicht genügen. Sie hoffen auf das Denkmalamt, das eine Unterschutzstellung des Huyssens-Stifts zwar vor Jahren abgelehnt hat, aber die Kapelle womöglich als schutzwürdig erachten könnte. Am Dienstag (4. Dezember 2018) gab es keine Stellungnahme der Essener Denkmalbehörde. Klinik-Geschäftsführer Defren sagt aber, dass sich die Denkmalschützer die Kapelle im Januar 2019 einmal ansehen wollen.
>>> UMBAU KÖNNTE IM APRIL 2019 STARTEN
Die Kapelle der Ev. Huyssens-Stiftung (Henricistr. 92) entstand 1935, sie weist Gestaltungselemente wie Hakenkreuz-Bänder im Deckenornament auf.
Die Klinik will die Kapelle völlig neu gestalten, nur die Orgel bleibt. Grundsätzlich ist die Umgestaltung beschlossen, es fehlt noch an Sponsoren. Der Umbau startet frühestens im April 2019.