Essen. . Mieten in Essen sind im Ruhrgebietsvergleich stark gestiegen. Für Hartz-IV-Bezieher werde es deshalb schwerer, angemessene Wohnungen zu finden.

Angesichts steigender Mieten in der Stadt und einem knapper werdenden Wohnungsangebot fordert die Mietergemeinschaft Essen eine deutliche Anhebung der Sozialmieten für Hartz-IV-Empfänger. „Die Kosten für die Unterkunft müssen dringend den Realitäten angepasst werden“, sagte die Geschäftsführerin der Mietergemeinschaft, Siw Mammitzsch.

Sie stützt ihre Forderung auf den gerade erschienenen Wohnungsmarktbericht des Regionalverbandes Ruhr (RVR), der unter anderem die Mietentwicklung in den Ruhrgebietsstädten auswertet (siehe Grafik). Demnach sind in Essen die Angebotsmieten (nettokalt) zwischen 2012 und 2017 um über 15 Prozent angestiegen. Mit durchschnittlich über 6,60 Euro pro Quadratmeter lagen die Mieten in Essen im Ruhrgebiet zudem 2017 am höchsten. Angebotsmieten sind die Mieten, die ein Vermieter bei Neuvermietung verlangt. Relevant sind sie also für diejenigen, die sich eine neue Wohnung suchen (müssen).

Die Mietpreisentwickl
Die Mietpreisentwickl © Gerd Bertelmann

Grundlage für die Berechnung der Sozialmieten ist in Essen der Mietspiegel. Zwar wurden der Mietspiegel und damit auch die Sozialmieten erst Anfang 2018 erhöht, allerdings nur in der Höhe der Inflation. Die im RVR-Bericht dokumentierte Preisentwicklung spiegelt der aktuelle Essener Mietspiegel also gar nicht wider, kritisierte Mammitzsch.

Der nächste Mietspiegel, der diese Entwicklung wohl dann besser abbildet, wird allerdings erst im Jahr 2020 erscheinen. „Wir brauchen jetzt eine Lösung für die Betroffenen“, erklärte Mammitzsch. Sie forderte deshalb, nicht mehr den Mietspiegel als Grundlage für die Berechnung der Sozialmieten heranzuziehen, sondern die Entwicklung der Vergleichsmieten. Die Stadt Dortmund würde ebenfalls so verfahren.

Dortmund zahlt höhere Mieten an Hartz-IV-Bezieher

In Dortmund sind die Grenzen für die Angemessenheit einer Wohnung tatsächlich höher als in Essen. In Dortmund zahlt das Jobcenter Alleinstehenden für Miete maximal 415,50 Euro, in Essen sind es nur 354 Euro. Für einen Zwei-Personen-Haushalt liegt in Dortmund die Grenze bei 517,15 Euro, in Essen bei 450 Euro. Die Preisentwicklung der beiden Wohnungsmärkte war laut RVR-Bericht in den vergangenen Jahren dabei ähnlich.

Für Hartz-IV-Empfänger werde es in Essen unterdessen immer schwieriger, eine angemessene Wohnung zu finden, bestätigte der Sozialrechtsanwalt Peter Karaiskas. Auch er kritisierte, dass der aktuelle Mietspiegel als Berechnungsgrundlage den Markt gar nicht mehr wiedergibt. „Der Mietspiegel wurde vor drei Jahren veröffentlicht und einmal angepasst. Damit kann er die Auswirkungen der Flüchtlingskrise gar nicht abbilden“, so der Jurist. Das heißt: Mit dem Zuzug der Flüchtlinge hat der Wohnungsleerstand in Essen deutlich abgenommen. Gleichzeitig ist damit vor allem preiswerter Wohnraum vom Markt verschwunden und die Mieten haben wegen der erhöhten Nachfrage angezogen.

Flüchtlingskrise verschärfte Lage auf dem Essener Wohnungsmarkt

In seiner Hartz-IV-Beratung würden immer mehr Betroffene darüber klagen, dass sie zwar vom Jobcenter zum Umzug aufgefordert würden, aber keine passende Wohnung finden. „Ich kenne einige, die dann die Kosten, die über dem Grenzsatz des Jobcenters liegen, aus ihrem Hartz-IV-Regelsatz bezahlen“, so Karaiskas.

Wie viele Hartz-IV-Bezieher in Essen zuletzt zum Umzug aufgefordert wurden, kann das Jobcenter nicht sagen. Es gebe dazu keine Statistik. Karaiskas sagt, dass er vor allem in Stadtteilen wie Kray oder Steele häufig Klagen Betroffener höre, weniger im Norden, wo die Mieten generell noch niedriger sind.