Essen. Die Kommunen fordern vom Land NRW mehr Geld für Flüchtlinge. Die aktuellen Pauschalen seien zu niedrig. 2017 fehlten in Essen 40 Millionen Euro.

Den Vorwurf haben die Städte schon lange erhoben, nun gibt ihnen ein Gutachten recht: Das Land Nordrhein-Westfalen erstatte ihnen zu wenig Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Kostenpauschale pro Person müsse angehoben werden.

Mit der jetzigen Pauschale kann nicht einmal die Stadt Essen kostendeckend arbeiten, dabei gibt sie weniger Geld aus als andere Kommunen im Land. Trotzdem blieben hier allein im vergangenen Jahr gut 40 Millionen Euro für Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ungedeckt. „Wir benötigen eine stärkere finanzielle Unterstützung durch das Land“, fordert Oberbürgermeister Thomas Kufen.

Essen liegt laut Studie unter dem Kostendurchschnitt aller NRW-Kommunen

Schon Ende 2015 hatten sich die kommunalen Spitzenverbände und die – damals noch rot-grüne – Landesregierung verständigt, die tatsächlich anfallenden Kosten zu ermitteln. Daraufhin waren im Jahr 2017 in fast 400 Kommunen die Kosten für Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen quartalsweise erhoben worden. Durch das Ergebnis sehen sich die Städte jetzt bestätigt: So geben die Kommunen im Land pro Jahr und Flüchtling durchschnittlich 13.274 Euro aus; bei den kreisfreien Städten liegt der Schnitt sogar bei 16.258 Euro. Vom Land erhalten sie allerdings nur eine Pauschale von 10.392 Euro. Damit kommt nicht einmal Essen aus, obwohl die Kosten hier bei lediglich 12.961 Euro liegen.

Immerhin sei mit der Studie nun „objektiv und wissenschaftlich belegt“, dass Essen unter dem Kostendurchschnitt aller NRW-Kommunen liege, betont der Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, Hartmut Peltz. Die Stadt war für die kostspieligen Zeltdörfer, die sie auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise zeitweilig aufgebaut hatte, scharf kritisiert worden. „Inzwischen stehen wir im Vergleich zu anderen Kommunen mit unseren Kosten gut da“, betont Peltz.

Gutachter empfehlen: Land solle Pauschale erhöhen

Indirekt bestätigen das auch die Gutachter: Sie empfehlen dem Land, die Pauschale auf 13.500 Euro pro Jahr zu erhöhen. Würde das Land dem folgen, müsste Essen künftig nicht mehr drauf zahlen, im Gegenteil: Bei Ausgaben von knapp 13.000 Euro bliebe theoretisch sogar Geld übrig.

Geht es nach Oberbürgermeister Thomas Kufen muss allerdings nicht allein über die Höhe der Pauschale verhandelt werden, sondern auch darüber, wie lange sie bezahlt wird: Bisher erstattet das Land nur Kosten für Asylbewerber, die sich noch in einem laufenden Verfahren befinden. Für Geduldete, die bereits ausreisepflichtig sind, gibt es noch drei Monate lang Geld – dann stellt das Land die Zahlungen ein. Für sie kommt die Stadt allein auf, obwohl die Stadt „die Verzögerung der tatsächlichen Abschiebung in der Regel nicht zu vertreten habe“, wie die Verwaltung betont.

Für Geduldete zahlt nur die Stadt

Die Regelung ist für Essen besonders schmerzlich, da hier sehr viele Geduldete leben. Peltz kann das mit Zahlen untermauern: 2017 erhielten in Essen 4960 Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Aber nur für die Hälfte von ihnen (2479) erhielt die Stadt die Erstattung vom Land. „Dass sich die ungedeckten Kosten 2017 auf 40 Millionen Euro summierten, liegt also nicht nur daran, dass die Pauschale zu niedrig ist“, resümiert Peltz. „Sondern auch daran, dass wir für so viele Personen gar kein Geld vom Land erhalten.“ Grundsätzlich wird sich daran auch dieses Jahr nichts ändern: Derzeit erhalten in Essen zwar nur 3603 die Asyl-Leistungen, doch das Land zahlt nur für 43 Prozent von ihnen die Kostenpauschale.

Oberbürgermeister Thomas Kufen fordert daher, bei einer anstehenden Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes nicht nur über die Höhe der Pauschale zu reden, sondern auch über die zeitlich befristeten Zahlungen für Geduldete: „Weil wir hier auf den Kosten sitzen bleiben.“