Essen. . Literatürk startet mit einer Lesung der französischen Autorin Dominique Manotti. Lesefest mit internationalen Autoren läuft bis zum 22. November

Es mutet immer noch ein wenig irritierend an, wenn ein Literaturfestival, das den Titel Literatürk trägt, mit einer französischsprachigen Lesung eröffnet wird. Aber längst steht dem Lesefest auch das International voran. Und mit den weltweiten Verstrickungen und dubiosen Winkelzügen der globalen Konzernwelt beschäftigt sich die französische Autorin Dominique Manotti seit Jahrzehnten äußerst erfolgreich in ihren Wirtschaftsthrillern.

Hat erst mit Anfang 50 mit dem Romanschreiben begonnen: Die heute 75-jährige Autorin Dominique Manotti beim Aufrtitt im Filmstudio Glückauf.
Hat erst mit Anfang 50 mit dem Romanschreiben begonnen: Die heute 75-jährige Autorin Dominique Manotti beim Aufrtitt im Filmstudio Glückauf. © STEFAN AREND

Das jüngste Werk „Kesseltreiben“ stellte sie nun zum Festival-Start zusammen mit ihrer Übersetzerin Iris Konopik in Kooperation mit dem Deutsch-Französischen Kulturzentrum und der Buchhandlung Proust im Filmstudio Glückauf vor. Ein spannender Blick auf die Verflechtungen von Wirtschaft, Politik und Polizei, die Manotti in ihrem Roman am Beispiel der „Alstom-Affäre“ beschreibt. Die Übernahme des französischen Unternehmens durch den amerikanischen Konzern General Electric ging von 2013 bis 2015 durch die Presse. Möglichst nah am realen Fall aber doch weit genug weg von den realen Figuren entwickelt Manotti Romane wie „Kesseltreiben“, die zumeist auf jahrelanger Recherche und intensiver Zeitungslektüre basieren. Was dann noch an „schwarzen Löchern“ überbleibt, füllt Manotti mit eigener Phantasie. Groß übertreiben muss sie dabei offensichtlich nicht. „Was am unwahrscheinlichsten erscheint, das ist wahr“, lacht die 75-jährige Historikerin und Gewerkschafterin, die erst mit über 50 zum Schreiben gekommen ist, nachdem sie lange Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit unterrichtet hatte. Elf Romane hat sie seither geschrieben und mancher Literatürk-Gast hätte sich an diesem Abend von Manotti ein ähnliches Werk über die Verflechtungen von Wirtschaft und Politik in Deutschland gewünscht.

Gleichwohl hätte man sich zum Auftakt des Festivals Literatürk, das in diesem Jahr das Motto „Mut“ ausgegeben hat, angesichts der jüngsten wirtschaftlichen und diplomatischen Verwerfungen in der Türkei, auch noch ein wenig mehr Konfliktstoff und Kontroverse vorstellen können.

Explizit politisch dürfte es in den kommenden Tagen aber werden, wenn Mehmet Daimagüler über seine Erfahrungen als Opferanwalt im NSU-Prozess berichtet oder Nahost-Kenner Michael Lüders über die Saudi-Connection und die Sanktionen für den Iran spricht. Auch Mark Terkessidis Plädoyer für eine „gesellschaftliche Vielheit als Perspektive“ dürfte für spannende Debatten sorgen. „Wir müssen die Negativspirale verlassen und von Hoffnung sprechen“, sagt auch Essens Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain, der das Festival für einen Glücksfall hält – „für Deutschland, aber auch für die Türkei.“ Zuspruch gab es zur Festivaleröffnung auch von Essens Integrationsbeauftragter Galina Borchers: „Die Vielfalt der Kulturen macht die Stadt zu etwas Besonderem.“

Mehr Infos zum Festival unter www.literatuerk.com