essen. . Zehn Demenzkranke wohnen in einer neu eröffneten WG in Katernberg. Bewohner dürfen eigene Möbel mitbringen und ihren Tagesablauf mitgestalten.

Das Wohnungsunternehmen Vonovia hat in Katernberg die erste Demenz-WG in seinem Bestand eröffnet: Betreut vom Dortmunder Pflegeunternehmen Humanika wird es dort zehn Bewohnern ermöglicht, trotz ihrer Demenz den Alltag in weiten Teilen selbstbestimmt zu bewältigen.

© Socrates Tassos

Günther ist einer von ihnen: Glücklich zeigt er sein großes helles Zimmer mit Balkon: Sofa, Schrank, Kommode, Tisch und Stühle hat der Senior aus seiner alten Wohnung mitgebracht, dazu viele Familienfotos und ein wenig Nippes, an dem sein Herz hängt und der die Erinnerungen an das erfüllte Leben des über 80-Jährigen wach hält. „Es ist sehr schön hier“, sagt er langsam aber voller Inbrunst und lässt sich von seiner Pflegerin Admira Mujkic in den Arm nehmen.

Zwei Zimmer weiter sitzt Teresa neben ihrer Tochter Barbara Kinder auf dem Sofa und schaut fern. Seit zwei Jahren ist die 67-Jährige zunehmend dementer; ein schleichender Prozess, der den Kindern zunächst nicht auffiel. Doch dann war es ihr nicht mehr möglich, allein zu leben.

Bei Besuchen haben die Kinder das Gefühl, nach Hause zu kommen

„Wir sind sehr froh, dass wir diese WG gefunden haben und unsere Mutter hier so gut aufgehoben ist, das erleichtert unser aller Leben ungemein“, sagt die Tochter, „Wenn wir sie besuchen, dann haben wir immer das Gefühl, nach Hause zu kommen. Das liegt auch daran, dass wir ihr Zimmer so persönlich einrichten durften.“

Nienhauser Busch 51 ist die Adresse der neuen Demenz-WG von Vonovia. Im baugleichen Haus dahinter wird bald die nächste Wohngemeinschaft gegründet.
Nienhauser Busch 51 ist die Adresse der neuen Demenz-WG von Vonovia. Im baugleichen Haus dahinter wird bald die nächste Wohngemeinschaft gegründet. © Socrates Tassos

Vier Wohnungen hat Vonovia in dem sechsstöckigen Haus zusammengelegt und als Wohngemeinschaft barrierefrei ausgebaut. Neben den insgesamt zehn Zimmern gibt es vier Bäder, eine Küche, ein großes Esszimmer und ein Wohnzimmer, das mit den Möbeln der Bewohner ausgestattet wurde und von allen genutzt wird.

Pfleger gehen auf individuelle Bedürfnisse ein

„Eigentlich leben wir wie eine große Familie zusammen“, sagt Altenpflegerin Sabine Owicki, die in der WG auch ihre Mutter untergebracht hat. Gemeinsam wird eingekauft, gekocht und geputzt. „Natürlich macht das jeder so, wie er kann. Aber alle haben ihre Aufgabe.“ Auch der Menüplan für die Woche wird gemeinschaftlich erstellt und täglich wird frisch gekocht.

Die Gesetzeslage im Demenzfall

In NRW sind ambulante Wohngruppenkonzepte durch das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) im Verbund mit dem Alten- und Pflegegesetz (APG) geregelt. So darf die Kapazität von WGs für Demenzkranke maximal zwölf Plätze nicht übersteigen. Zudem dürfen in anbieterverantworteten Wohngemeinschaften ausschließlich Einzelzimmer angeboten werden.

Das Leben in den Demenz- Wohngemeinschaften finanziert sich in der Regel durch die normalen Leistungen des Sozialsystems wie die Rente sowie durch Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung.

Bei Bedarf können weitere Leistungen wie etwa Sozialhilfe bezogen werden, soweit das Einkommen nicht ausreicht.

„Anders als im Pflegeheim geben wir keine Tagesstruktur vor, sondern orientieren uns an der Biografie des Einzelnen“, sagt Sabine Owicki. So könne zum Beispiel jeder so lange schlafen, wie er will und es seinem persönlichen Rhythmus entspricht. Die 41-Jährige ist eine von insgesamt acht Pflegekräften, die rund um die Uhr die Gemeinschaft betreuen, die aus sieben Frauen und drei Männern zwischen 51 und 91 Jahren besteht. In der Regel sind tagsüber immer zwei Pflegerinnen anwesend, dazu noch Auszubildende, Betreuer und Praktikanten. „Das ist ein sehr guter Personalschlüssel. So können wir auf die individuellen Wünsche der Bewohner eingehen“, erklärt Humanika-Geschäftsführer Svetoslav Markov.

„Ich bin begeistert von diesem Projekt und wünschte mir, es gäbe mehr davon“, sagt der Karnaper SPD-Ratsherr Michael Schwamborn. „Schließlich werden wir alle immer älter und deswegen wird auch die Demenz zunehmen. Da sind solche Wohn- und Pflegemöglichkeiten eine echte Alternative zum Heim.“

Bald wird die nächste WG eröffnet

Der Lokalpolitiker ist zusammen mit seinem SPD-Kollegen, Bezirksbürgermeister Michael Zühlke, zur offiziellen WG-Eröffnung gekommen. „Wir arbeiten mit der Vonovia schon länger zusammen, wollen gemeinsam im Essener Norden die Wohn- und Lebensqualität für die Menschen verbessern. Dafür ist diese Demenz-WG ein gelungenes Beispiel“, lobt Zühlke.

Auch andere Wohnungsbauunternehmen haben mit WG-Wohnungen für Demenzkranke schon Erfahrungen gesammelt. Da die Nachfrage nach dieser Wohn- und Betreuungsform zukünftig immer größer werden wird, wird Vonovia in Kürze gemeinsam mit Humanika die nächste Demenz-WG eröffnen. Und zwar im baugleichen Haus direkt nebenan.