Essen. . Die Uniklinik Essen versorgte 300 Gäste des WAZ-Medizinforums mit Infos zu Rückenschmerzen. Fazit: Es wird zu viel operiert. Oft hilft Bewegung.

Eine falsche Bewegung, schon meldet sich die Wirbelsäule. Viele Menschen kennen das. Nahezu jeder hat es irgendwann einmal im Rücken. „Das Kreuz mit dem Kreuz“ lautete der Titel des WAZ-Medizinforums am Universitätsklinikum Essen. Wie weit verbreitet Rückenschmerzen auch in Essen sind, zeigte die Resonanz: Rund 300 Menschen waren in den Hörsaal gekommen, um sich Informationen aus erster Hand abzuholen.

Zwei Stunden, vier Experten, unzählige Fragen – und alle konnten beantwortet werden. Der Leitende Physiotherapeut Martin Schulze sowie die Professoren Ulrike Bingel (Rückenschmerz-Zentrum), Ulrich Sure (Neurochirurgie) und Christoph Kleinschnitz (Neurologie) halfen, wo immer sie konnten. „Es gibt so viele Formen von Rückenschmerzen“, sagte Klinik-Chef Jochen A. Werner in seiner Begrüßungsrede. Wie recht er doch hatte.

Ist die Behandlung eine Frage des Alters?

In teilweise sehr persönlichen Erklärungen trugen die Gäste ihre Anliegen vor. „Ich bin 80 Jahre alt und leide unter einem Bandscheibenvorfall. Liegt es an meinem Alter, dass ich nicht vernünftig behandelt werde?“, fragte eine Dame. „Nein, das darf damit nichts zu tun haben. Weder eine Operation noch eine konservative Behandlung sind eine Frage des Alters“, sagte Ulrike Bingel.

Bei aller Besonderheit der einzelnen Beschwerden, gab es doch auch grundsätzliche Empfehlungen. Beispielsweise diese: „Der Rücken hält einiges aus. Verfallen Sie nicht in Schonhaltungen oder monotone Bewegungen wie langes Sitzen“, so die Worte von Physiotherapeut Schulze. In seinem Vortrag kam er immer wieder auf diese drei rückenstärkenden Tipps zurück: Bewegung, Belastung und Aktivität.

Neun von zehn Patienten leiden unter unspezifizierten Rückenschmerzen

Deutschland ist so etwas wie ein Weltmeister im Operieren bei Rückenbeschwerden. Doch Experten wie Neurochirurg Ulrich Sure mahnen zur Vorsicht: „Es gibt klare Indikatoren für die Notwendigkeit einer Rücken-OP. Diese müssen sorgfältig geprüft werden. Es wird zu viel operiert.“ Sure empfiehlt Betroffenen, sich im Zweifel die Meinung eines zweiten Mediziners einzuholen.

Neun von zehn Patienten, so war an diesem Abend zu hören, leiden unter unspezifizierten Rückenschmerzen. Das heißt: Die Beschwerden lassen sich nicht auf konkrete körperliche Veränderungen zurückführen. Auch sei das Schmerzempfinden von Mensch zu Mensch verschieden. Schon allein deshalb raten die Spezialisten des Rückenschmerz-Zentrums in vielen Fällen zu einer kombinierten Therapie aus Training, Entspannung und psychologischen Elementen. „Leider haben wir keinen Miraculix-Zaubertrank, mit dem alle Beschwerden erledigt werden“, sagte Ulrike Bingel.

Und da ist noch etwas: Nämlich Vorsicht bei der Auswahl der Tabletten. „Chronische Schmerzen benötigen andere Medikamente als akute Schmerzen. Es kann gefährlich werden, wenn Schmerzmittel dauerhaft eingenommen werden“, so Bingel.