Brand im Handelshof: Essen entging 1988 einer Katastrophe
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Essen. . Großeinsatz vor 30 Jahren: Die Feuerwehr rettete 280 Menschen aus dem Hotel Handelshof. Der Wachführer erinnert sich an die dramatische Nacht.
Als die Glocke in der Hauptwache der Feuerwehr um 23.21 Uhr schrillte, schlief Horst Dieter Möller bereits. Er hatte 24-Stunden-Alarmdienst – und stand innerhalb weniger Minuten voll einsatzbereit in der Innenstadt, um die wichtigsten Entscheidungen zu treffen. Am Ende des Einsatzes hatten die Helfer 280 Menschen aus dem brennenden Hotel Handelshof gerettet, wo vor genau 30 Jahren, in der Nacht zum 29. Oktober 1988, ein Großfeuer ausgebrochen war.
„Wir hatten zu der Zeit sechs Fehlalarme in zwei Wochen aus dem Handelshof“, erinnert sich Horst Dieter Möller. Der heute 74-Jährige legte sich daher auf der Hinfahrt schon passende Worte für den Hoteldirektor zurecht, bis er vom Varnhorstkreisel aus Richtung Handelshof blickte. „Da sah ich die schwarzen Rauchwolken“, erinnert sich der damalige Wachführer, der sogleich weitere Wachen alarmierte. Am Hotel angekommen schlugen die Flammen im Innenhof über drei Geschosse, während an der Front des Hauses der Qualm aus den Fenstern drang.
„Bleiben Sie ruhig, wir retten sie alle!“
„Die Menschen schrien, und wir hatten große Sorge, dass sie springen würden. Es war ja ungewiss, wie sie reagieren, da der Fluchtweg über den verrauchten Treppenraum abgeschnitten war“, berichtet Möller. Denn der Qualm sei das Gefährliche. Und so beruhigten die Wehrleute die Hotelgäste über Megafone und die Zimmerlautsprecher, um Panik zu verhindern: „Bleiben Sie ruhig, wir retten sie alle!“, „Kommen Sie ans Fenster“, Machen Sie auf sich aufmerksam“, hallte es hoch zu den Obergeschossen. Der Großeinsatz lief unter Hochdruck: längst galt die höchste Alarmstufe.
Großbrand im Essener Hotel Handelshof vor 30 Jahren
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Das Feuer war im ersten Geschoss ausgebrochen, hatte sich über das Treppenhaus mit seinen dicken Teppichen rasant über die Geschosse ausgebreitet. Da die Feuerwehr mit den großen Löschfahrzeugen nicht in den engen Innenhof kam, kämpften die Einsatzkräfte dort mit Hilfe von tragbaren Leitern gegen die Flammen. „Der Löschangriff im Inneren des Hotels erfolgte über den Haupteingang, alle anderen Wachen konzentrierten sich darauf, die Menschen zu retten“, sagt Möller, der die Fahrzeugaufstellung bestimmt und die Truppen losgeschickt hatte. Sie seien von einer Vollauslastung des Hotels ausgegangen und lagen nicht falsch, denn es fand gerade eine Messe statt.
„Das ganze Treppenhaus schien zu explodieren“
„Als ich sah, wie plötzlich überall Drehleitern nach oben kamen, dachte ich, die holen dich“, wurde ein Hotelgast später im Zeitungsbericht zitiert. Ein Kellner der Bar wiederum beschrieb das Erlebte mit einer Szene aus einem James-Bond-Film: „Es war wie ein Feuerball! Das ganze Treppenhaus schien zu explodieren.“
Kriminalpolizei ermittelte zur Brandursache
Zwei Tage lang haben Kriminalpolizei und Landeskriminalamt zur Brandursache im Handelshof ermittelt und erklärten zur Ursache: Brandstiftung.
Wie sie zu dem Ergebnis kamen, war ebenfalls in der Zeitung zu lesen: Vorhangstoffe, die in der ersten Etage des Hotels lagerten, sollen von einem unbekannten Täter angesteckt worden sein, hieß es in dem Bericht. Das Motiv blieb unklar.
Als gespenstisch empfanden hunderte Schaulustige, die sich vor dem Hauptbahnhof versammelt hatten, die Szenerie mit zahllosen Einsatzwagen samt Blaulichtern. Die Feuerwehr war aus allen Wachen angerückt, allein sechs Drehleitern schraubten sich an der Hotelfassade hoch, während etwa 50 Polizisten den Einsatzort absperrten, an dem Krankenwagen warteten.
40 Minuten nachdem die Brandmeldeanlage den Alarm ausgelöst hatte, stand fest: „40 Menschen sind über Drehleitern geborgen worden, zwölf weitere brachten die Einsatzkräfte mit Fluchthauben ins Freie. Acht Hotelgäste erlitten eine Rauchvergiftung“, so haben es Feuerwehrexperten später zusammengefasst. Unsere Zeitung berichtete von einem 81-jährigen Berliner, der zwischenzeitlich in Lebensgefahr schwebte. Insgesamt wurden 240 Hotelgäste und 40 Angestellte gerettet, der Handelshof, zwei Restaurants und die Diskothek Mississippi wurden evakuiert.
Aufatmen hieß es erstmals um kurz nach Mitternacht
Aufatmen hieß es erstmals um kurz nach Mitternacht für die Einsatzkräfte, ihr Einsatz aber unter Leitung des Feuerwehrchefs lief bis zum frühen Morgen. Dazu zählte die Kontrolle jedes einzelnen Zimmers. Die Hotelgäste warteten zunächst in Evag-Bussen auf ihr Gepäck, um dann in anderen Hotels unterzukommen. Im Handelshof entstand ein Schaden in Millionenhöhe, so dass das Hotel für Monate geschlossen bleiben musste.
Der Essener Handelshof früher und heute
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Gleichzeitig lautete die gute Nachricht, dass niemand in der Feuerfalle ums Leben gekommen war. Die Feuerwehrleute selbst, die sich damals wie heute nicht als Helden sehen, bezeichnen es als spektakulären Einsatz mit einem Zusammenwirken von Polizei, unermüdlichem Personal und engagierten Gästen. Immerhin hätte der Brand in einem achtgeschossigen Gebäude von 1911 und den vielen Menschen darin ein schlimmeres Ende nehmen können.
„Das aber wurde verhindert, weil alles funktioniert hat“, blickt Horst Dieter Möller auf den Einsatz zurück. Diesen hat er eingeleitet, hat die richtigen Entscheidungen getroffen und sagt heute: „Mit schnellem Eingreifen und gezieltem Angriff haben wir eine Riesenkatastrophe verhindert.“
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