Essen. . In Essen-Steele macht ein Aktionsbündnis mit Luftballons und Pfiffen gegen die regelmäßigen Umzüge einer Gruppe von mutmaßlichen Rechten mobil.

Es ist nur ein kurzes Aufeinandertreffen: „Steele bleibt bunt, Steele bleibt bunt“, singen die etwa 60 Teilnehmer der Kundgebung, zu der das Aktionsbündnis „Mut machen – Steele bleibt bunt“ auf dem Kaiser-Otto-Platz aufgerufen hat. Es ist der Moment, als die „Steeler Jungs First Class crew“ an den Demonstranten vorbeizieht. Unter diesem Namen versammelt sich jeden Donnerstag eine Gruppe von 60 bis 80 Personen für einen Rundgang durch die Fußgängerzone. Den Gesang kommentieren sie mit ironischem Applaus. Polizeibeamte begleiten das Geschehen.

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. © Socrates Tassos

Léon Finger, Vorsitzender des Initiativkreises City Steele, beobachtet nach eigenen Worten seit etwa 15 Monaten, wie die „Steeler Jungs“ einmal pro Woche an seinem Geschäft vorbei spazieren. „Sie gehen zum Bahnhof und wieder zurück“. Fast alle seien dunkel gekleidet. „Das sieht schon angsteinflößend aus“, berichtet der Sprecher der Kaufmannschaft und wundert sich darüber, dass Frauen, Kinder, ja ganze Familien sich dem Umzug anschließen. Einige bekannte Gesichter seien darunter: Der Mann der Putzfrau, ein Verkäufer aus einem Steeler Geschäft, ein Helfer vom Weihnachtsmarkt. Was wollen die?

„Von diesen Leuten möchte man nicht beschützt werden“

Eine Demo im klassischen Sinne ist das nicht. Der Umzug ist bei der Polizei nicht angemeldet. Die Teilnehmer tragen weder Transparente, noch rufen sie Parolen. Allein ihr Auftritt wirkt unheimlich. „Keiner findet das gut“, sagt Léon Finger.

Die Gruppe scheine sich als eine Art Bürgerwehr zu verstehen, glaubt Irene Wollenberger, Rechtsanwältin aus Steele und eine der Initiatorinnen des Aktionsbündnisses, das seit einigen Wochen gegen den Aufmarsch mobil macht. „In persönlichen Gesprächen erklären sie, die Bürger beschützen zu wollen, wovor auch immer“, berichtet Irene Wollenberger und fügt hinzu. „Von diesen Leuten möchte man nicht beschützt werden, eher vor ihnen geschützt.“

Verbindungen zu Hooligans aus dem RWE-Umfeld und zur Rockerszene

Max Adelmann, Sprecher von „Essen stellt sich quer“, der die rechte Szene in Essen seit langem bekämpft, rechnet die Teilnehmer deren Dunstkreis zu. Es gebe Verbindungen zu Hooligans aus dem Umfeld von Rot-Weiss Essen und zur Rockerszene. Einer der Initiatoren soll bei den Bandidos eine führende Position bekleiden. Ihr Treffpunkt und Ausgangspunkt für die Donnerstags-Spaziergänge ist eine Sportsbar an der Westfalenstraße.

Die „Steeler Jungs
Die „Steeler Jungs" laufen, beobachtet und begleitet von Polizisten, auf dem Kaiser-Otto-Platz. © Socrates Tassos

Viele von denen, die an diesem Abend durch Steele spazieren, wirken eher wie Mitläufer. Eine Kontaktaufnahme scheitert. Niemand will mit der Presse reden. Man fühlt sich falsch wahrgenommen. „Hooligans? Nazis? Alles Quatsch“, ruft einer. Ein Polizist, der die Gruppe regelmäßig begleitet, sagt, die Leute wollten zum Ausdruck bringen, dass sie mit der aktuellen politischen Situation unzufrieden seien.

Die Polizei hat die Spaziergänger im Blick. „Wir kennen die Personen sehr genau“, sagt eine Behördensprecherin. Eine „konkrete Gefährdung“ gehe von der Gruppe nicht aus. Die Politik wirkt ratlos. Der Polizei seien die Hände gebunden, sagt Bezirksbürgermeister Gerd Hampel.

„Wir kennen die Personen sehr genau“, sagt eine Polizeisprecherin

Dass ein Teilnehmer der Kundgebung von „Steele bleibt bunt“ in Gesicht und Bauch geboxt worden sein soll, obwohl ein Polizeibeamter daneben stand, wie das Aktionsbündnis in einem offenen Brief an den Polizeipräsidenten schreibt, kann die Sprecherin nicht bestätigen. Der Beamte sei auf einen Vorfall aufmerksam gemacht worden. Das vermeintliche Opfer habe jedoch keine Anzeige erstatten wollen. Für die Polizei ist die Sache damit erledigt. Die Antwort auf den offenen Brief steht noch aus.

So oder so: Das Aktionsbündnis will nicht tatenlos zu sehen, was sich da in Steele abspielt. „Es ist keine Lösung zu sagen, wir halten die Füße still“, sagt Johannes Heun, Pfarrer an der evangelischen Friedenskirche. Den öffentlichen Raum wolle man nicht den Steeler Jungs und ihren Mitläufern überlassen.

So werden sie sich auf dem Kaiser-Otto-Platz wohl auch am kommenden Donnerstag wieder gegenüber stehen.