Essen. . Ein Rentner aus Essen (73) hat früher viel auf Baustellen gearbeitet. Ungeschützt hatte er dort Kontakt zu Asbest. Jetzt ist er schwer krank.
Martin Zak kommt auch ohne den Elektrorollstuhl vorwärts. Aber zu Fuß ist er nicht gut. Er kann auch ohne Sauerstoffgerät atmen. Aber nicht immer. Der 73-jährige Rentner hat einige gesundheitliche Probleme, die sein Leben einschränken. Am meisten machen ihm die Folgen des langen Umgangs mit asbestbelasteten Materialien zu schaffen. Jahrzehnte hat der Essener auf Baustellen gearbeitet, meistens als Stuckateur. Was er seinem Körper angetan hat, als er in den 70er- und 80er-Jahren ohne jeden Schutz Isoliermaterial verarbeitet, Kirchen restauriert und Schulen saniert hat, bekommt er jetzt zu spüren. „Das Schlimmste ist die Atemnot. Ich hatte schon Angst, zu ersticken“, sagt Zak.
Bauarbeiter, Autoschlosser oder Heizungsbauer sind besonders betroffen
„Asbestfasern setzen sich in der Lunge ab und rufen dort Entzündungen hervor. Die Folge sind Vernarbungen. Typisch sind auch Wasserablagerungen zwischen Lunge und Brustkorb“, sagt Dr. Servet Bölükbas. Der Direktor der Klinik für Thoraxchirurgie an den Kliniken Essen-Mitte kennt die Krankenakte des Rentners sehr gut. Sie ähnelt der vieler anderer Asbest-Patienten. Viele Fälle gibt es, gerade jetzt, 30 oder 40 Jahre nach der Zeit, in der so viel asbesthaltiges Material verbaut wurde. „Das Tückische ist, dass sich der Kontakt zu Asbest erst Jahrzehnte später bemerkbar macht“, sagt der Arzt. Andere Staubpartikel könne die Lunge abbauen, Asbestfasern aber blieben.
Bauarbeiter, Arbeiter in Gießereien, Autoschlosser oder auch Heizungsbauer und Bergleute gelten zu den besonders betroffenen Berufsgruppen. „Über Asbest haben wir vor 40 Jahren auf der Baustelle nicht gesprochen. Wir hatten keine Schutzanzüge oder Masken, wir haben einfach gearbeitet“, sagt Martin Zak, der die meiste Zeit seines Berufslebens bei einem Essener Stuckateurbetrieb beschäftigt war. Sein Chef sei früh gestorben, sagt er. Asbest? „Vielleicht.“
Seit 1993 ist Asbest in Deutschland verboten
Seit 1993 ist es in Deutschland verboten, asbesthaltiges Material zu verbauen. Doch bis dahin galt der Stoff als Wunderfaser. Eingesetzt in der Dämmung, in Heizungen oder für Faserzement. Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gab es im Jahr 2017 in Deutschland 1630 Todesfälle nach asbestbedingten Berufskrankheiten.
Der Essener Rentner Martin Zak ist einige Tage stationär in den Kliniken Essen-Mitte behandelt worden. Bei einem minimalinvasiven Eingriff wurde die Flüssigkeit aus der Lungenregion entzogen, Gewebeproben wurden entnommen. Dabei gab es auch eine gute Nachricht: Es ist kein Krebs. „Denn auch das könnte die Folge einer Asbesterkrankung sein“, sagt Servet Bölükbas. Der Patient wird nun regelmäßig durchgecheckt und hat das mobile Sauerstoffgerät immer in Reichweite, um Luft zu bekommen, wenn die Atemnot wieder besonders schlimm wird. Er ist gerade aus einer Reha zurückgekehrt. „Das hat mir gut getan. Auch wenn ich genau weiß, dass mein Leben nie wieder so wie früher sein kann.“