Holsterhausen/Rüttenscheid. . Bäcker Lindner in Essen ist insolvent. Vier Filialen und 34 Mitarbeiter betroffen. Sie erhalten bis Ende November Geld – mehr ist nicht klar.

Die Traditionsbäckerei Lindner hat nach 64 Jahren Insolvenz angemeldet. Betroffen sind 34 Mitarbeiter in vier Essener Filialen. Sie liegen in Holsterhausen und Rüttenscheid. Die Gehälter der Angestellten sind nach Angaben von Rolf Otto Neukirchen, dem vorläufigen Insolvenzverwalter, bis Ende November gesichert. „Wie es weitergeht, wissen wir alle nicht“, sagt Stefanie Lindner (36), die den Betrieb in dritter Generation führt.

Lindner fing 1954 in Duisburg an, wechselte 1966 nach Essen. 1974 bezog man das Hauptgeschäft mitten auf der Gemarkenstraße in Holsterhausen.

Kunden sind bestürzt

Bei den Kunden hat die Nachricht von der Insolvenz bisweilen große Bestürzung ausgelöst: Von den „besten Brötchen auf der ganzen Rüttenscheider Straße“ ist die Rede und von Marzipangebäck, dessen Qualität ungeschlagen sei.

Schon vor dem Antrag auf ein Insolvenzverfahren hatte Lindner dem Vernehmen nach versucht, seine Geschäfte an größere Mitbewerber zu veräußern – doch dieser Plan ging wohl nicht auf. Jedoch: „Ich bin derzeit in konkreten Verhandlungen für eine Übernahme, mehr Details kann ich nicht nennen“, sagte Neukirchen unserer Redaktion.

Zwischen Brot und Brötchen auch Mittagstisch

Lindner bietet nicht nur tagesfrisches Gebäck und Konditorei-Waren an, sondern betreibt auch einen Mittagstisch – „Lindners Pausengarten“. Am Mittwoch gab’s Chili Con Carne, Donnerstag wird Lasagne aufgetischt. Für viele Senioren im Stadtteil ist auch deshalb Lindner eine Adresse, die man regelmäßig besucht.

„Ich drück’ Euch die Daumen, dass alles gut ausgeht“, sagt ein Kunde einer Verkäuferin in der Rüttenscheider Filiale, als sie ihm die Brötchen-Tüte über den Tresen reicht. Die Angestellten nehmen die Situation äußerlich gelassen auf.

Konkurrenz durch Discounter

Hinter den Kulissen wird viel über mögliche Ursachen spekuliert: „Vor zehn Jahren hatten wir das große Metzger-Sterben, jetzt sind die Bäcker dran“, sagt Chefin Stefanie Lindner. Als mittelständischer Handwerksbetrieb könne man erstens weder noch die ganzen Auflagen erfüllen, die Behörden machten. Zweitens: Der Druck durch Discounter, die frische Brötchen und frisches Brot im Regal haben, sei enorm gestiegen. Hinzu käme Konkurrenz durch Billig-Bäcker, die vorproduzierte Teiglinge verarbeiteten.

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„Wenn alle Handwerks-Betriebe weg sind, gibt es nur noch Industrie-Brötchen, dann wird das Jammern der Kunden groß sein“, prophezeit Stefanie Lindner.

Schon jetzt sind zwei der vier Filialen täglich nur noch bis 13 Uhr geöffnet, denn das Personal ist nicht mehr vollständig da. Seit dem Bekanntwerden des Insolvenzantrags rufen viele Hotels und Großkunden an: „Die fragen, bei wem sie künftig belegte Brötchen bestellen sollen“, sagt Petra Lindner, die Mutter der Chefin. Sie hat sich längst aus dem Tagesgeschäft herausgezogen, berichtet aber: „Die großen Back-Ketten geben sich mit solchen Bestellungen erst gar nicht ab. Unsere Arbeit wird vielen Leuten fehlen – auch jenen, die es jetzt noch gar nicht merken.“