Essen. . Zum Jubiläum hat der Philharmonische Chor Essen eine neue CD mit beinahe vergessenen Kompositionen der ersten Chorleiter eingespielt.
Ihre Namen sind bis heute im Stadtbild präsent. Die Hendrik-Witte- und die Max Fiedler-Straße gehören zu den bekannten Adressen Essens. Musikalisch ist allerdings manches verschollen, was die langjährigen Chorleiter Hendrik Witte, Max Fiedler und Johann Nedelmann, Gründer des Essener Musikvereins, hinterlassen haben. So gab das 180. Bestehen des Philharmonischen Chores Essen nun Anlass zu einer ausgedehnten Spurensuche. Das Ergebnis ist ab Oktober zu hören. „VergESSENe Komponisten“ heißt die CD, die am 3. Oktober bei der Matinee im Aalto-Theater vorgestellt wird und danach auch im Handel zu bekommen ist.
Chorleiter sucht und findet verlorenes Notenmaterial
Jubiläumsschriften gibt es viele, Patrick Jaskolka, engagierter Leiter des traditionsreichen Chores, hat sich entschlossen, die Vergangenheit zum Klingen zu bringen. Um das Projekt zu realisieren, brauchte es allerdings mehr als einen Blick ins Notenarchiv. Mit geradezu detektivischem Spürsinn hat sich Jaskolka auf die Suche nach verlorenem Notenmaterial gemacht. Waren Nedelmann, Witte und Fiedler doch nicht nur ausgewiesene Chorleiter, sondern auch Musikschöpfer.
Doch während Wittes große Chorkantate „An die Sonne“ heute im Internet leicht auffindbar ist, brauchte es für verschollene Werke wie Fiedlers op. 16 – zwei Chorstücke a cappella, dem Philharmonischen Chor gewidmet – eine weit aufwendigere Recherche, die Jaskolka in Antiquariate, Bibliotheken und Musikarchive führte. Über eine alte Aufnahme der Regensburger Domspatzen aus den 1960ern Jahren stieß der Essener Chorleiter auf eine Notiz in der Berliner Staatsbibliothek. Die wiederum führte zum Verlag Ries und Erler, der die Stücke schließlich in einer Neuauflage druckte.
So kann man mit Fug von einer Raritätensammlung sprechen, die der Philharmonische Chor an drei Aufnahmetagen im Aalto-Theater eingespielt hat und nun präsentiert. 21 Stücke sind es am Ende geworden, allesamt Ersteinspielungen und ein beeindruckendes Zeugnis Essener Musikgeschichte.
Ein Blick in Archive und Antiquariate
Die beginnt mit dem Musiknarren Johann Wilhelm Georg Nedelmann, der 1838 den gemischten Gesang-Musikverein gründet, Vorläufer des Essener Musikvereins, und wenig später auch den ersten Instrumentalverein ins Leben ruft. Das Mitglied einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie gilt heute als Vater des Essener Musiklebens. Wie Nedelmann engagieren sich auch seine Nachfolger Witte und Fiedler nicht nur als Dirigenten, sondern schreiben auch Vokalwerke für den Chor und fördern ihre Sänger mit zusätzlichen Gesangsunterricht.
Konzertmatinee präsentiert die Aufnahme
Anlässlich seines 180-jährigen Bestehens präsentiert der Philharmonische Chor seine Geburtstags-CD „VergESSENe Komponisten“ am Mittwoch, 3. Oktober, 11 Uhr, im Aalto- Theater bei einer Konzertmatinee mit Chor und Solisten, sowie Mitgliedern der Essener Philharmoniker. Tickets (16/erm. 12 €) unter 8122-200.
Bei der Realisierung des ehrgeizigen Projekts hat der Chor unter Leitung von Patrick Jaskolka auch finanzielle Unterstützung bekommen – unter anderem hat der Freundeskreis der Theater und Philharmonie und die Baedecker-Stiftung bei der Finanzierung der Aufnahme der Musik-CD geholfen, die beim Label Spektral erscheint.
So gewinnt man sogar Berühmtheiten wie Johannes Brahms, der 1884 an einem Essener Chorkonzert mitwirkt. Mit der Gründung des Städtischen Orchesters macht die Stadt einen weiteren bedeutenden Schritt Richtung Musikstadt.
An all das will der 35-jährige Jaskolka mit einer CD erinnern, die „etwas Bleibendes sein soll, für den Chor und für die Stadt“, aber auch weit über die Grenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgen dürfte. Viel Unterstützung gab es dabei auch von den Essener Familien Witte und Nedelmann, die ihre Familienarchive öffnete, Fotos und Briefe zur Verfügung stellte. Um eine Fiedler-Handschrift zu transkribieren, hat sich Patrick Jaskolka sogar die Sütterlin-Schrift beigebracht.
Eine Chronik des Chores
So hat diese Reise in die Vergangenheit des Essener Musiklebens am Ende nicht nur ungeahnte Talente eines engagierten Chorleiters hervorgebracht, sondern auch ein Tonwerk erschaffen, „das unsere eigene Chronik nachhaltig dokumentiert“,f reut sich Jaskolka.