Essen. . Ein Modellprojekt der Stadt will jungen Libanesen helfen, ihren Aufenthaltsstatus zu verbessern. Doch viele Betroffene misstrauen den Behörden.
Mit dem Essener Modell will die Stadt jungen Libanesen, die bislang in Deutschland nur geduldet sind, eine dauerhafte Perspektive geben. Die ersten haben die Chance dankbar ergriffen, doch auffällig viele „zeigten kein Interesse, an dem Modellprojekt teilzunehmen“. Etliche von ihnen haben offenbar ein tiefes Misstrauen gegenüber den hiesigen Behörden und wollen die ausgestreckte Hand nicht ergreifen.
Insgesamt 384 Jugendliche oder junge Erwachsene bis 27 Jahre, die den Duldungsstatus zum Teil schon von ihren Eltern geerbt haben, hat die Stadt angeschrieben: Wer regelmäßig die Schule besuche, eine Ausbildung mache oder einer Arbeit nachgehe und nicht straffällig sei, dem wolle man einen Weg aus der Duldung weisen. Vorausgesetzt, er helfe bei Klärung seiner Identität und Beschaffung eines Passes.
Wie berichtet konnten 43 der Adressaten durch das 2016 gestartete Projekt ihren Aufenthaltsstatus verbessern, weiteren sieben gelang das eigenständig. Bei 61 prüfen Jugendamt und Ausländeramt derzeit, ob sie die Kriterien erfüllen. Das letzte Wort hat eine Kommission, der Jugenddezernent Muchtar Al Ghusain, Ordnungsdezernent Christian Kromberg und Oberbürgermeister Thomas Kufen angehören.
Einige kamen regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt
92 der 384 Betroffenen wurden als „derzeit nicht geeignet“ angesehen, etwa weil sie die Bildungsvorgaben nicht erfüllen. Und: Ein Drittel von ihnen sei regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, teils handele es sich um Intensivtäter, sagt Stadtsprecherin Silke Lenz.
Projekt überbrückt eine Gesetzeslücke
Das Projekt „Ausländerrechtlicher Umgang mit Geduldeten“ soll eine Gesetzeslücke überbrücken, die besonders libanesische Zuwanderer betrifft und zu Kettenduldungen führt.
Viele von ihnen sind hier geboren und haben trotzdem keine Bleibeperspektive, was ihre Integration erschwert.
Überraschend ist, dass sich weitere 80 der angeschriebenen Jugendlichen der Prüfung erst gar nicht stellen wollten. Einige von ihnen befänden sich in laufenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren oder hätten den Petitionsausschuss angerufen, erklärt Silke Lenz. Andere hätten schon früher versucht, ihre Identität eigenständig zu klären und „die Auseinandersetzung mit den beteiligten Behörden als nicht zielführend erlebt“. Sprich: Sie haben wohl das Vertrauen in den Staat verloren.
Mit dem Ausländeramt hatten sie „negative Erlebnisse“
Ein ähnliches Motiv unterstellt die Stadt auch jenen, „die sich auf unsere wiederholten Kontaktaufnahmen nicht gemeldet haben“. Aus ihrer Sicht sei der Kontakt mit dem Ausländeramt „mit negativen Erlebnissen verbunden“. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, in einigen Fällen mache auch das Elternhaus Druck, nicht am Projekt teilzunehmen. Der Jugendhilfeausschuss möchte sich damit nun genauer befassen und hat das Thema daher in seinen Unterausschuss verwiesen.
Unterdessen betont Ordnungsdezernent Christian Kromberg, dass für die Jugendlichen, „die den langen, schwierigen Weg erfolgreich bewältigen, am Ende eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis stehen kann“. Später sei sogar die deutsche Staatsangehörigkeit denkbar, was allerdings „viel Mittun“ voraussetze. „Wir hoffen, dass das Projekt und solche Erfolgsgeschichten ein Anreiz für andere Geduldete sind, die Chance doch noch zu ergreifen.“