Essen. Im Kampf gegen Rechts ist auch ein Bündnis mit Linksextremisten für viele kein Problem. Gestärkt werden damit nur beide politischen Ränder.
Rund 2000 Demonstranten, vielleicht auch mehr, erwarten die Veranstalter von „Essen stellt sich quer“ am Donnerstag in der Innenstadt. Wenn das so kommt, wäre dies eindrucksvoll und würde noch einmal belegen, wie sehr dieses Land derzeit politisch aufgewühlt ist.
In manchen Medien und in den sozialen Netzwerken hat sich bisweilen sogar eine Dramatik eingefressen, als stünde ein neues 1933, die Machtübernahme durch einen wiedererwachten Nationalsozialismus, bevor. Jeder, der ein bisschen im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, müsste eigentlich sehen, dass diese forschen Analogien krass übertrieben und eher geeignet sind, die damaligen Ereignisse zu verharmlosen als die jetzigen zu erklären.
Extremismen, egal welcher Spielart, haben alle eine lange Blutspur in der Geschichte hinterlassen
Nun ist die deutliche Ablehnung des Rechtsextremismus zweifellos eine gute Sache. Extremismen, egal ob rechts, links oder religiös motiviert, haben in der Geschichte alle eine lange Blutspur hinterlassen, haben Menschen, Gesellschaften und Staaten zerstört und tun es bis heute. Genau dieser anti-totalitäre Konsens aber bröckelt massiv. Im Kampf gegen die Rechtsaußen scheinen auch die Linksaußen willkommen zu sein. Zumindest haben selbst Menschen, die eindeutig der Mitte zuzurechnen sind, in diesem Punkt anscheinend überhaupt kein Störgefühl.
Wenn bei „Essen stellt sich quer“ Kirchenleute neben Antifa-Aktivisten und Kadern von DKP oder MLPD marschieren, ist das einigermaßen erstaunlich. Und wenn ein Mann wie der Dompropst meint, die Kirche mache mit, um „die gesellschaftliche Mitte zu stärken“ so ist das mit politisch naiv noch zurückhaltend beschrieben. Gestärkt werden durch solche falschen Lagerbildungen nur die politischen Extreme, und zwar tragischerweise die auf beiden Seiten.
„Essen stellt sich quer“ hat es nie vermocht, sich gegen Linksaußen abzugrenzen - im Gegenteil
„Essen stellt sich quer“ hat es nie vermocht, sich nach links von jenen abzugrenzen, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß stehen. Max Adelmann, Frontmann des Bündnisses, macht daraus nicht mal ein Hehl. Was der AfD zu Recht vorgeworfen wird, nämlich die mangelnde Abgrenzung zum Rechtsextremismus, wird hier spiegelbildlich mit schönster Selbstverständlichkeit ebenfalls unterlassen. Wer dazu seine Hand reicht, muss wissen, was er tut.
Erfreulich immerhin, dass in Essen CDU, Bürgerbündnis und andere politische Kräfte der Mitte Abstand halten. Und in der SPD versucht Parteivize Karlheinz Endruschat die Einsicht zu befördern, dass sich die Extreme noch stets hochgeschaukelt haben und man mit Extremisten keine gemeinsame Sache macht. Und zwar aus Prinzip nicht.