Essen. Mit der Kirche St. Antonius erhielt beim Denkmaltag ein in Essen kaum bekanntes architektonisches Meisterwerk Beachtung. Zukunft ist ungewiss.

Von außen mag die Frohnhauser Pfarrkirche St. Antonius mit ihrer nüchternen und rechtwinkligen Backstein-Optik wenig von einem Gotteshaus verströmen, erst recht nichts Anheimelndes. Aber innen, da geht dann buchstäblich die Sonne auf.

Überwältigt steht man in einem Raum, der den Blick weitet, und durch die exakt 154 sorgfältig gestalteten Fenster dringt magisches Licht hinein. St. Antonius ist eines der Denkmäler in Essen, dem mehr Bekanntheit zu wünschen ist. Gestern beim Tag des offenen Denkmals war dazu die von vielen Besuchern ergriffene Gelegenheit.

© Socrates Tassos

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch in Frohnhausen aus der Not eine Tugend gemacht. Die alte Kirche aus der Gründerzeit, ein wenig bedeutender neugotischer Bau, war bei den vielen Bombenangriffen auf den Essener Westen nach und nach in Schutt und Asche gesunken. Ein Wiederaufbau stand schon wegen der damals vielen Gläubigen aber außer Frage.

Beide großen Konfessionen gaben in solchen Fällen gerne Architekten Raum, die Neues, zum Teil sogar radikal Neues an die Stelle der konventionellen Gotteshäuser des 19. Jahrhunderts setzten. Man kann das erstaunlich finden, waren doch die Kirchen in den 1950er Jahren gesellschaftspolitisch noch äußerst konservativ.

Abhängig von Wetter und Tageszeit entstehen ganz unterschiedliche Stimmungen

Kirchenbaumeister Rudolf Schwarz, einer der besten seines Fachs, erhielt den Auftrag für St. Antonius und schuf ein kubisches Bauwerk in Reinkultur. „Er bezeichnete sein Konzept als ,begehbarer Kristall’“, sagt Gemeindemitglied Thomas Ricken, der gestern Neugierigen bereitwillig Auskunft gab.

Tatsächlich trifft es diese Bezeichnung recht gut. Die ausgeklügelten Lichteffekte sind Ergebnis einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Raum und den Himmelsrichtungen. Nach Osten sind die Fenster in Rot gehalten, nach Westen in Blau und nach Süden sind sie besonders zahlreich, so dass abhängig von Wetter und Tageszeit eine Kaskade ganz unterschiedlicher Stimmungen entsteht.

Gemeindemitglied Thomas Ricken (Mitte) zeigt interessierten Besuchern die Besonderheiten der Kirche.
Gemeindemitglied Thomas Ricken (Mitte) zeigt interessierten Besuchern die Besonderheiten der Kirche. © Uwe Möller

An Werktagen, wenn man die Kirche mit etwas Glück für sich allein hat, lässt sich diesen Stimmungen am besten nachspüren. Das kann bewegend sein, ohne dass es dafür großer Frömmigkeit bedürfte. Bleibt zu hoffen, dass auch die würdevolle, auf wenige Elemente reduzierte Inneneinrichtung erhalten bleibt und St. Antonius nicht noch weitere sakrale Stücke aus geschlossenen Nachbarkirchen aufnimmt, was das Gesamtbild leider bereits jetzt etwas stört.

Obwohl die Kirche unter Denkmalschutz steht, ist ihre Zukunft ungewiss – wie die vieler anderer bedeutender Kirchengebäude im Bistum Essen. Entweder St. Antonius überlebt oder die nur rund ein Kilometer entfernte Kirche St. Elisabeth, für zwei Gebäude gibt es in Frohnhausen nicht mehr genug Gläubige.

Denkmalwert ist bei der Schließungsfrage nur ein Kriterium unter vielen

Die Gemeinde hat die schwierige Entscheidung noch nicht getroffen. Zumindest vom Denkmalwert her dürfte das kubische Meisterwerk an der Kreuzung Berliner/Kölner Straße den Vorzug genießen. Doch für das Bistum und die Gemeinden ist architektonische Bedeutung nun einmal nur ein Kriterium unter vielen.